Die Fahrt geht weiter – mit ersten Problemen
Völlig übermüdet saßen Beeke und ich am 11.07. im Zug, gerade auf dem Weg zu unserem Auto. Dank David und Janneke, unseren Doppelkopf-Profis, haben wir in der letzten Nacht keine einzige Stunde Schlaf abbekommen. Unser einziges Ziel war nun das lang ersehnte Bett unseres Autos, in dem wir uns erst einmal ausruhen könnten. Wir standen etwa eine halbe Stunde außerhalb von Auckland, da dort ein kostenloser Parkplatz war. Von dem Bahnhof aus kamen wir innerhalb von wenigen Minuten zum Auto und zum Glück war es sogar noch da! Alles sah genau so aus, wie als wir es dort abgestellt hatten. Nicht einmal ein Parkticket klebte auf der Frontscheibe, wir scheinen also alles richtig gemacht zu haben!
Als ich mit dem Knopf des Autoschlüssels dann das Auto aufschließen wollte, sprang uns aber doch ein Problem entgegen. Zuerst dachte ich, die Batterie des Schlüssels wäre leer, da die Fernverriegelung nicht mehr funktionierte. Nachdem wir das Auto manuell aufgeschlossen hatten ist aber sehr schnell klar geworden, dass nicht der Schlüssel, sondern das Auto selbst das Problem war: Unsere Batterie war leer!
Nun gut, eigentlich hätte man natürlich jemanden ansprechen können, ob wir kurz Starthilfe bekommen könnten. Da wir aber todmüde waren, haben wir uns trotzdem erstmal ins Bett gelegt. Normalerweise machen wir zum Schlafen immer die Fenster einen Spaltbreit auf, sodass noch irgendwie Luft ins Auto kommen kann – aber das war uns in dem Moment echt egal. Mit der toten Batterie hätte man nur eine Tür offen lassen können und mit offenen Türen will man natürlich nicht schlafen.
Etwa acht Stunden später sind wir wieder aufgewacht. Mittlerweile war es kurz nach 17:00 Uhr und draußen wurde es gerade dunkel. Gleich nachdem wir beide Türen aufgerissen hatten, weil es im Auto so stickig war, haben wir uns daran versucht eine Lösung für das Auto zu finden. Natürlich könnte man bei AA (dem neuseeländischen ADAC) anrufen, aber so ein Service kostet (und das nicht zu wenig). Und das wollen wir natürlich verhindern. Der Parkplatz war bereits leer genug, dass nicht mehr viele Menschen dort unterwegs waren. Wir konnten also auch niemanden um Starthilfe bitten. Tja, hätten wir mal nicht so lange geschlafen! Auf Google Maps haben wir dann eine Werkstatt gefunden, die noch bis 18 Uhr geöffnet hatte. Sie war nur etwa zehn Minuten zu Fuß entfernt, wir wollten dort also wenigstens versuchen nach einer Lösung zu fragen. Ein weiteres Problem, das sich so über den Tag entwickelt hatte, war jedoch ein kleiner Sturm. Starker Wind und Starkregen haben es uns nicht unbedingt einfach gemacht, die Überwindung zu finden, auch tatsächlich loszugehen. Früher oder später haben wir uns aber doch gegenseitig überredet bekommen und waren auf dem Weg zu Werkstatt. Diese ließ sich glücklicherweise relativ einfach finden und wir sind direkt in die Halle reingekommen, wo zwei Mechaniker standen und sich unterhielten. Nach einer kurzen Schilderung unseres Problems haben sie uns dann prompt angeboten, ihr Batterieladegerät mitzunehmen, damit unser Auto zu starten und es danach wieder zurückzubringen. Und das ganze nur noch 30 Minuten vor Feierabend und vor allem – völlig kostenlos!
Dieses Angebot haben wir natürlich sehr dankend angenommen und sind wieder zu unserem Auto losgewatschelt. Unsere Kleidung war mittlerweile völlig durchnässt, der Regen war also auch nicht mehr dramatisch. Das Ladegerät konnte ich unter meiner Regenjacke etwas schützen, sodass es nicht wie unser Auto den Geist aufgibt. Beim Auto angekommen hat alles großartig und schnell funktioniert: Gerät angeschlossen, kurz warten und der Motor sprang an. Wir waren gerettet! Da unser Auto zu diesem Zeitpunkt von innen ein reines Chaos und ganz sicher nicht fahrfähig war, ist Beeke in dem laufenden Auto sitzen geblieben und hat aufgeräumt, während ich wieder durch den Regen zurück zur Werkstatt gelaufen bin. Um 17:57 Uhr bin ich in der Halle angekommen, wo mir das Gerät auch bald wieder abgenommen wurde. Ich habe mich natürlich nochmal bedankt und bin somit zurück zum Auto gegangen. Diese Gutmütigkeit und das Vertrauen das man braucht, um zwei völlig Fremden ein (wahrscheinlich sehr teures) Batterieladegerät mitzugeben, haben wir absolut nicht erwartet. Diese Freundlichkeit zieht sich nach bisheriger Erfahrung durch ganz Neuseeland und hilft natürlich sehr, wenn man wie wir auch mal liegen bleibt und auf Hilfe von außen angewiesen ist.
Nach diesem Erlebnis haben Beeke und ich uns eine Pizza geholt und sind nur noch zum nächstgelegen Campingplatz gefahren, wo wir ziemlich direkt wieder ins Bett gefallen sind und weiterschlafen konnten.
Glücklicherweise sprang unser Motor am nächsten Morgen völlig problemlos an und wir konnten weiterfahren. Die nächsten Stops waren hauptsächlich kleine Wanderwege oder Wasserfälle, die mehr auf dem Weg lagen als tatsächlich unser Hauptziel zu sein. Trotzdem sehr beeindruckend war die sogenannte „Blue Spring“. Von diesem Ort kommen etwa 70% des gesamten Flaschenwassers, das in Neuseeland genutzt wird. Zur Blue Spring hin führt ein Wanderweg an einem Fluss längs, den wir zusammen erkundet haben. Und auch wenn der Wanderweg und die umliegende Wald total schön waren, lag das besondere an diesem Ort doch im Fluss selbst. Denn das Wasser dort war so klar, wie man es sich gar nicht vorstellen könnte! Von oben sah es schon fast so aus, als wäre das Wasser überhaupt nicht da. Woran man es dann noch am ehesten erkennen konnte, waren die Seepflanzen, die auf dem Flussboden wuchsen und in dem Strömung dauerhaft in eine Richtung gezogen wurden. Wir haben natürlich versucht, dieses tolle Naturphänomen zu fotografieren, aber es ist auf keinem der Bilder so toll rübergekommen wie in echt. Hier trotzdem ein Eindruck:

Auf unserem Weg lag noch ein weiteres Mini-Highlight. Um dorthin zu gelangen sind wir etwa 2,5 Stunden über einen Sand- und Kiesweg gefahren, vorbei an vielen verschiedenen Tieren die friedlich auf ihren Weiden grasten. Vor allem haben wir dort Schafe, Kühe, Hasen und Ziegen gesehen. Viele Ziegen. Gerade die Ziegen (aber manchmal auch die Schafe) waren auch diejenigen, die hin und wieder aus ihren Gehegen ausgebüxt waren und nun auf der Straße ihr Unwesen trieben. In den meisten Fällen sind sie aber schnell wieder auf ihre Weide gelaufen oder in nahestehende Büsche verschwunden, als wir mit unserem Auto näher kamen.
Wir haben auf dieser Straße so viele ausgebüxte oder frei lebende Ziegen gesehen, dass wir uns mittlerweile sicher sind, dass es in Neuseeland eine geheime Gesellschaft an Ziegen gibt, die ganz im Stil der Bücher aus der „Warrior Cats“-Reihe eine geheime Zivilisation aufgebaut haben. Leider hat es hin und wieder auch ein Opfer der Ziegen-Zivilisation gegeben, oder aber die Autofahrer waren einfach zu schnell in der Kurve. An einer weiteren Stelle der schmalen Straße stand eine ganze Kuhherde auf dem Weg, die aber relativ verteilt an den Straßenrändern ihren Platz fand. Die paar wenigen Kühe die sich auf unsere Straße verliefen machten auch brav Platz, nachdem Beeke sie genug bestaunt hatte.

Nach einem weiteren Umweg, der über eine Straße führte, die gerade eben so genug Platz für ein Auto zur Zeit hatte, da auf der einen Seite Felsen und auf der anderen Seite Abhang war, haben wir unser Ziel dann auch schon erreicht. Dazu muss aber noch einmal gesagt werden, dass der Weg auch wirklich schön war. Natürlich war es etwas anstrengend dort zu fahren, da man immer ein Auge für Tiere offen halten musste ohne dabei zu weit vom Weg abzukommen, aber die vielen kleinen Hügel, die Aussicht auf die Berglandschaft und die ganzen grünen Felder um uns herum waren diesen kleinen Extra-Aufwand definitiv wert!

Ohne einen extra Parkplatz oder Beschilderung standen wir nun vor einem Loch in einer sehr großen Felswand. Genauer gesagt war dieses Loch ein Tunnel, der vor vielen Jahren gebaut wurde um Vieherden besser an den Strand treiben zu können. Entsprechend war der Tunnel auch gerade so groß genug für einen Menschen und einige Kühe, dafür aber etwa 50 Meter lang. Am anderen Ende des Tunnels konnten wir Licht sehen – Licht, das uns zu einem wunderschönen Strand mit schwarzem Sand führte! Dadurch, dass dieser Ort so abgelegen ist, waren wir dort so gut wie alleine. Der Strand war wie aus einem Gemälde, umgeben von hohen Felswänden und einfach perfekt. Einige Teile des Strandes waren durch die eingehende Flut schon abgeschnitten, wir konnten dort aber trotzdem eine ganze Weile verbringen. Der Tunnel zum Strand eignete sich auch hervorragend als Foto-Spot, den wir auch voll ausgenutzt haben.

Nach einigen weiteren kleinen Stops auf dem Weg sind Beeke und ich an einem Strand angekommen, der berühmt für seine Felsformationen ist. Praktischerweise ist direkt nebenan ein Freedom Camping Spot, sodass wir früh morgens und gleich nach dem Aufstehen auf den Weg machen konnten. Das frühe Aufstehen haben wir natürlich aber nicht freiwillig gemacht, sondern viel eher mussten wir uns an die Flut anpassen – denn der Strand ist nur bei Ebbe begehbar. Kommt man nicht rechtzeitig zurück an die Küste, ist man bis zur nächsten Ebbe bei den Felsen gefangen.
Da der Weg zum Strand entsprechend oft unter Wasser steht, ist er auch ganz schön matschig. Und ich meine nicht „Ih da ist ein Tropfen Matsch an meiner Hose“ matschig, ich meine so matschig, dass wir bis zu 30 Zentimeter tief in die Erde eingesunken sind und darauf hoffen hätten müssen, dass unsere Schuhe auch wieder mit nach oben kommen. Wir waren aber vorausschauend und haben schon bei ein paar Menschen vor uns bemerkt, wie matschig ihre Schuhe geworden sind und haben sie nach den ersten paar hundert Metern ausgezogen und auf einem kleinen Felsen liegen gelassen – eine gute Entscheidung. Was unsere Matschwanderung dann aber doch wieder erschwert hat war der Fakt, dass unter dem ganzen Matsch eine Schicht aus Muscheln und ihren Überresten lag, die das Gehen nicht gerade einfacher machten. Jeder Schritt traf auf viele kleine Glasscherben, nur gedämpft durch den vielen Matsch. Außerdem war der Strand übersäht mit winzig kleinen Krabben, die sich eingegraben hatten und sich über den Besuch unser Füße sicherlich nicht gerade gefreut haben.

Nach etwa einer Viertelstunde durch den Matsch waten haben wir den Weg aber geschafft und sind an dem eigentlichen Strand angekommen, zu dem wir wollten. Hier war der Boden zum Glück wieder fest und uns bot sich folgende Sicht:

Die berühmten Gesteinsformationen nennen sich „Three Sisters“. Eine der Schwestern wurde vor ein paar Jahren in einem Sturm zerstört (was viele Einheimische wie den Verlust eines Familienmitglieds betrauert haben), das macht die Stein-Säulen für uns Touristen aber nicht weniger beeindruckend. Im Hintergrund zeigt sich der Mount Taranaki, der (wie wir finden) vom ersten Eindruck etwas an Mount Fuji erinnert. Zu ihm wollen wir später auch noch hin fahren. Gleich vor den drei Schwestern steht aber noch ein großer Felsen, der auch noch einmal ein gutes Stück riesiger und massiver ist als die anderen drei. Er wird „The elephant“ genannt und ich sehe sogar wieso. Unten durch diesen Felsen durch führen mehrere natürliche Tunnel, die etwa doppelt so hoch waren wie ich. An den Seiten gab es auch noch kleine Abzweigungen, in die ich dann aber nicht mehr gepasst habe.
Die ganze Location erinnert, wie ich finde, etwas an dieses eine Windows-Hintergrundbild. Genau so eine Höhle, wie auf dem Bild, gab es dort nämlich auch. Etwas hinter den Three Sisters versteckte sie sich in der großen Felswand der Küste, aber wir haben sie natürlich trotzdem erkundet. Es ist ein total cooles Gefühl, an einem Ort zu stehen der mindestens 50% der Zeit entweder nicht erreichbar ist oder sogar völlig überschwemmt.
Wir haben noch einige Zeit damit verbracht, Fotos von dem Strand, den Felsen und Mount Taranaki zu machen. Die Wellen kamen langsam aber sicher immer näher und bevor unser Zugang überschwemmt würde, haben Beeke und ich uns auf den Weg in Richtung Auto gemacht. Der Rückweg war zwar wieder sehr machbar, wenn auch schmerzhaft, denn Beeke ist an einer Stelle wohl zu nah am Wasser gelaufen, weil sie nochmal deutlich weiter eingesunken ist als bisher. Nachdem wir dann beim Auto angekommen waren und unsere Füße noch etwas sauber gemacht haben durfte sie dann feststellen, dass sie gleiche mehrere Schnitte in den Fußsohlen hat. Diese waren leider auch etwas tiefer als man es sich wünschen würde und taten wohl auch gut weh. Wir konnten die Cuts nur mit Pflastern abkleben und abwarten, aber nach kurzer Zeit war es wohl auch schon wieder besser.
Rückblickend hat dieser tolle Ort wohl doch einen kleinen Preis gefordert, aber der war es (vor allem aus meiner Perspektive) sehr wert! So einen wunderschönen Strand sieht man wirklich selten und gerade so etwas wie die Three Sisters sind etwas absolut besonderes. Ich bin sehr froh sie noch gesehen zu haben, bevor sie vielleicht bei einem zukünftigen Sturm nur noch mehr beschädigt werden könnten.
Kuhle Kühe, zickige Ziegen, steinige Schwestern, matschiger Matsch – das klingt nach einer sehr tollen Zeit! Zum Glück habt Ihr das Auto rasch wieder zum Laufen gebracht. Diese Neuseeländer scheinen echt nett zu sein. Da weiß man Euch doch ein bisschen mehr in Sicherheit als auf so manchen Plätzen, auf denen Ihr sonst so gewesen seid…
Was für ein toller Ort! Klingt richtig schön! Danke für die tollen Einblicke und Fotos!
Und so eine Muschel-Wunde am Fuß habe ich mir diesen Sommer auch geholt. Unangenehm!
Viele Grüße!