Die große Bergtour – Mount Ijen
Nachdem wir am letzten Tag den Mount Bromo besucht hatten, haben wir am 24. Mai den Mount Ijen bestiegen. Dafür mussten wir wieder sehr früh aufstehen, um ein besonderes Naturphänomen im Krater des Vulkans zu sehen.
Gemeinsam mit dem Rest unserer Reisegruppe sind wir also wieder in den Van gestiegen und haben als erstes in einer Wohngegend gehalten. In einem Haus, das auf den ersten Blick ziemlich normal aussah, wurde unsere Gesundheit überprüft. Diese medizinische Bescheinigung musste jeder vorlegen können, der den Ijen besteigen möchte. Dieser Gesundheitstest bestand nur daraus einmal den Blutdruck zu messen und zu fragen, ob wir Asthma haben. Das ist zwar keine ausführliche Überprüfung, aber immerhin gibt es überhaupt einen Test für diesen Ort. Am Ende diesen Tages sollte die Untersuchung für uns deutlich verständlicher sein.
Erstmal mussten wir jedoch eine lange Fahrt in dem Van hinter uns bringen. Die Sitze waren deutlich gemütlicher als im Jeep, aber ich konnte aufgrund der sehr kurvigen Straße trotzdem nur schlecht schlafen. Bei der Ankunft war fast allen von uns etwas schlecht und wir waren froh, dass wir in einem der vielen kleinen Stände eine Pause machen konnten, bevor es losging. Für den Aufstieg wurden wir mit Stirnlampen, Schutzbrillen und Gasmasken ausgestattet. Bei diesen Sicherheitsmaßnahmen hatte ich ein ziemlich komisches Gefühl und konnte überhaupt nicht einschätzen, ob die Ausrüstung angebracht oder übertrieben war. Ich war auf jeden Fall froh die Sachen bei mir zu haben, nur für den Fall!
Um 02:30 wurden wir von einem jungen Mann, schätzungsweise in unserem Alter, abgeholt. Für diesen Teil der Tour wurde unsere kleine Reisegruppe deutlich vergrößert und so waren wir ca. 30 Menschen, die unserem Reiseführer in der Dunkelheit an den Anfang des Tracks gefolgt sind.

Am Anfang des Wanderwegs sind mir direkt mehrere Indonesier aufgefallen, die neben dem Weg standen und Touristen angesprochen haben. Alle von ihnen hatten ein Gefährt bei sich, was sich recht schwer beschreiben lässt. Man kann es sich so vorstellen, wie eine Mischung aus einem Bollerwagen und einer Trage auf Rädern. Ich dachte erst, dass es sich dabei um eine Art Notfallsanitäter handelt, die Menschen vom Berg abtransportieren, die sich dort oben verletzt haben. Allerdings hat mich die große Anzahl der „Sanitäter“ verwundert. So viele Menschen werden sich doch wohl nicht täglich dort verletzen?! Tatsächlich ist es so, dass diese Indonesier ihr Geld damit verdienen Touristen diesen Berg hinauf oder hinunter zu schieben. Um auf ihr Angebot aufmerksam zu machen, riefen sie uns immer wieder „Lamborghini, Lamborghini?“ zu, was eine wirklich eine lustige Bezeichnung für die kleinen zweirädrigen Karren ist. In der Kälte des Morgens hatte niemand aus unserer Gruppe Lust still zu sitzen und noch mehr zu frieren, außerdem kann man das dann wirklich nicht mehr als Wandern bezeichnen. Wir sind also selbst den breiten Weg hochgelaufen, der zwischen Bäumen und Sträuchern hindurch führte. Der Weg war zu Fuß gut begehbar, aber an manchen Stellen so steil, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wie die Wägen hier hochkommen sollten. Als wir das erste Mal einen „Lamborghini“ überholten, war ich wirklich beeindruckt von der Stärke der zwei Männer, die ihren Wagen samt Passagier in einfachen Schuhen den steilen Berg hoch zwangen. Mir ist zwar bewusst, dass die Menschen auf das Geld von dieser Arbeit angewiesen sind, trotzdem hätte ich ein sehr schlechtes Gewissen persönlich für diese schwere körperliche Arbeit verantwortlich zu sein und mich hochtragen zu lassen.
Unserem Guide hat man sehr angemerkt, dass er diese Wanderung täglich absolviert, denn er hat ein schnelles Tempo vorgegeben, dem nicht alle aus unserer großen Gruppe gut folgen konnten. Irgendwann mussten wir jedoch gezwungenermaßen langsamer werden, denn auf dem Wanderweg wurde es immer voller und voller. Bald brauchten wir die Stirnlampen nicht mehr, denn der Weg wurde von dem Licht hunderter anderer Lampen bereits genug erhellt. Der Aufstieg hat ca. eine Stunde gedauert und war ziemlich unspektakulär. Im Dunklen konnten wir natürlich nicht viel von der Landschaft sehen und so haben wir uns einfach mit den anderen Teilnehmern der Gruppe unterhalten und waren dann gegen halb vier oben am Kraterrand. Als wir uns dem Rand genähert haben, ist uns ein sehr unangenehmer Geruch in die Nasen gestiegen. Die ersten Gruppenmitglieder haben ihre Gasmasken aufgesetzt und wir beide haben es ihnen schließlich gleich getan. Dadurch hat man den beißenden Geruch immer noch riechen können, aber die Lunge wurde deutlich weniger gereizt. Und daraufhin begann der Abstieg in den Krater!

Ab dann wurde es erst richtig voll, denn der Weg in den Krater hinein war deutlich schmaler, als der Weg nach oben zum Rand. An der höchsten Stelle der Wanderung gab es eine Engstelle, bei der so viele Menschen standen, dass wir zeitweise überhaupt nicht voran gekommen sind und uns mehrmals zum Rest unserer Gruppe durchdrängeln mussten. Dann begann der schwierigere Teil des Tracks, denn der Weg abwärts war steil und an vielen Stellen auch rutschig. Außerdem sind uns immer wieder Menschen von unten entgegen gekommen, denen wir auf den schmalen Wegen Platz machen mussten. Das größte Problem waren jedoch die Wolken, denn die hingen so dicht im Krater, dass wir teilweise nur mit Mühe unsere eigenen Füße erkennen konnten – nicht die besten Bedingungen, um einen Weg mit vielen losen Steinen herab zu klettern! Je weiter wir nach unten kamen, desto dichter wurden die Wolken, weshalb uns irgendwann klar wurde, dass es sich bei den „Wolken“ um Rauch aus dem Vulkan handelt. Beim Mount Bromo hat der Rauch zwar die Sicht etwas versperrt, aber man konnte trotzdem mehrere Meter weit sehen. Beim Mount Ijen war das nicht der Fall, denn der dichte Rauch und die Dunkelheit machten dies wirklich unmöglich. Ab ungefähr der Hälfte des Abstiegs habe ich auch immer öfter die Schutzbrille getragen, denn der dichte Qualm stach in den Augen und mit Tränen in den Augen kann man bekanntlich nur noch schlechter sehen.
Neben den anderen Tourist:innen sind uns auch immer wieder Arbeiter entgegen gekommen, die ihre Last in zwei Körbe den steilen Weg nach oben geschleppt haben. Die beiden Flechtkörbe waren mit einer langen Stange verbunden, die von den Männern geschultert wurde, um mehr Gewicht tragen zu können. In den Körben befanden sich gelbe, große Brocken. Denn neben einem beliebten Touristenziel liegt im Krater auch ein Abbaugebiet für Schwefel, dass in Form von Dämpfen aus dem Vulkan austritt. Der abgekühlte Schwefel wird von den Arbeitern in diesen Körben den steilen Weg hinauf geschleppt, wobei die wenigsten dabei das passende Schuhwerk, Gasmasken oder eine Schutzbrille tragen. An diesem Arbeitsplatz sind sie den giftigen Dämpfen schutzlos ausgeliefert. Zu diesem Thema gibt es auch viele YouTube Videos, falls sich jemand noch weiter dazu informieren möchte.

Die Arbeiter haben alle paar Meter ihre schwere Last abgestellt und Pause gemacht, bei einer dieser Pausen haben wir einen von ihnen angesprochen. Er hat uns erzählt, dass die Körbe bis zu 80kg schwer sind, was seine rot-blau gefärbten Schultern bestätigt haben. Thies hat gefragt, ob er den Korb anheben darf und hat es kaum geschafft den Korb anzuheben. Auch die Arbeiter, die den Schwefel täglich tragen, schienen damit (natürlich!) Probleme zu haben und konnten sie nur mit der Schulter hochwuchten und ein paar Schritte weiter tragen. In den letzten Monaten haben wir schon die verschiedensten Arbeitsbedingungen gesehen, die man sich in Deutschland kaum vorstellen kann, aber diese Minenarbeiter haben mit Abstand den schlimmsten Arbeitsplatz, den ich bisher gesehen habe.
In Mitten der nicht enden wollenden Reihe an Wander:innen haben wir es gegen fünf Uhr morgens endlich geschafft und waren auf dem Boden des breiten Kraters angekommen. Ein Stück vom Ende des Wanderwegs entfernt stand eine große Gruppe Menschen um einen bestimmten Felsen herum. Auch wenn ich mit diesem Abstand zwischen uns nichts erkennen konnte, wusste ich sofort, worum es sich bei dieser Stelle handeln muss. Der Mount Ijen ist bekannt dafür, dass die Schwefeldämpfe sich in Kontakt mit der Luft entzünden können und im Dunkeln blau brennen. Diese „Blue Flames“ ziehen tagtäglich hunderte Menschen an, die dieses einzigartige Naturphänomen betrachten wollen.
Also haben wir uns dieser Gruppe angeschlossen und versucht ebenfalls einen Blick auf das blaue Feuer zu erhaschen. Die Menschen standen so dicht um den „brennenden“ Felsen herum, dass ich nur zwischen ihren Köpfen hindurch auf die Flammen blicken konnten. Thies hat sein Glück an einer anderen Stelle gesucht, deshalb waren wir beide allein unter Fremden, als einer der beängstigsten Momente meines Lebens begann.
Von einem Moment auf den anderen wurde es um mich herum weiß und ich konnte nicht mehr weiter als wenige Zentimeter gucken, was auch daran lag, dass meine Augen unter der Schutzbrille angefangen haben zu tränen. Das war jedoch nicht das schlimmste, denn trotz der Gasmaske auf meinem Gesicht habe ich gemerkt, wie Rauch in meine Lunge gekommen ist. Sofort hatte ich ein stechendes Gefühl im Oberkörper und hatte das Gefühl nicht mehr richtig Luft zu bekommen. Um auf dem steinigen Boden nicht zu stolpern, blieb mir nichts anderes übrig, als stehen zu bleiben und zu hoffen. Ich hatte keine Ahnung, ob dieser Rauch normal für den Ort war und so ist schnell Panik in mir aufgestiegen, als ich immer und immer weniger atmen konnte. Um mich herum sind viele Menschen hektisch herumgelaufen, was meine aufkommende Angst nicht verbessert hat. Als ich gerade angefangen habe, mir wirkliche Horroszenarien vorzustellen, die ich hier nicht ausformulieren möchte, wurde es tatsächlich besser. So schnell wie möglich habe ich die blauen Flammen hinter mir gelassen, wobei ich meine Füße immer noch nur undeutlich sehen konnte und meine Sicht zusätzlich von den Tränen verschwommen war. Nach nur wenigen Schritten bin ich aus der Wolke herausgetreten und habe dort endlich Thies wiedergefunden, der unabhängig von mir eine ähnliche Erfahrung gemacht hat.
Offenbar waren wir so nah am Austrittsort des Schwefelrauchs, dass die giftigen Dämpfe die normale Luft fast verdrängten. Gemeinsam haben wir uns nochmal zu den blauen Flammen vorgewagt, wurden jedoch immer wieder von den Wolken eingeholt und mussten die angsteinflößende Erfahrung, von Schwefeldämpfen gefangen zu sein, noch mehrmals durchleben. Je später es wurde, desto häufiger wurde der Felsen mit den Flammen und die Umgebung von den Schwaden eingehüllt, weshalb wir es schließlich einfach aufgegeben haben. Keine Flamme der Welt ist es wert, dass man für sie so ein Gesundheitsrisiko eingeht (und solche Ängste durchlebt).
Dafür haben wir ein paar Meter weiter eine Entdeckung gemacht. Inmitten der kargen, leblosen und grauen Natur führten mehrere dicke Rohre die Kraterwand herab. Aus ihnen strömte dichter Schwefelrauch und die Austrittsorte waren mit dicken, gelben Brocken verklebt. Vor Ort konnten wir uns daraus keinen Reim machen, wir haben erst im Nachhinein erfahren, dass diese Rohre zum Abbau von Schwefel genutzt werden. Die Gase treten dort aus, kühlen ab und verfestigen sich, sodass man die festen Brocken abbauen kann.
Die Zeit unten im Krater verging durch die vielen neuen Eindrücke sehr schnell, sodass es langsam hell wurde und wir unsere Stirnlampen ausschalten konnten.
Im Dämmerlicht haben wir uns endlich dem großen Kratersee widmen können, an dessen Rand wir uns die ganze Zeit schon befunden haben. Im ersten Tageslicht konnten wir die stark türkise Färbung erkennen, die im starken Kontrast zu der sonst so kargen Landschaft des Kraters stand. Der See ist ebenfalls sehr schwefelhaltig, weshalb am Rand viele gelbe Schaumkronen auf dem Wasser schwimmen. Wir haben diese unwirkliche Aussicht genossen, bis wir immer häufiger in Rauchwolken standen und auf ihr Verschwinden warten mussten.

Während wir dort am Kratersee standen, hat uns unser Guide gefunden. Er hat uns aufgefordert ihm zu folgen und den Krater schleunigst zu verlassen, da er in dem dichter werdenden Rauch um unsere Gesundheit fürchtet. Offenbar waren wir die letzten der großen Reisegruppe, die noch dort unten waren. Alle anderen waren dem giftigen Schwefel schon entflohen und hatten sich an den Aufstieg gemacht, wovon wir in den dichten Schwaden nichts mitbekommen haben. Wir sind unserem Guide also natürlich gefolgt und waren beeindruckt von dem schnellen Tempo, was er angeschlagen hat. Bei dem Aufstieg über das unebene Terrain habe ich mal wieder gemerkt, dass er diese Wege täglich abläuft.
Trotzdem sind wir nicht so schnell vorangekommen wie auf dem Hinweg, denn immer wieder sind die dichten Wolken zu uns hochgezogen und haben uns am Weitergehen gehindert. Unser Guide hat uns angehalten ganz still zu stehen, möglichst wenig zu atmen und einfach abzuwarten, bis sich die Schwaden wieder verziehen. Etwas anderes blieb uns auch nicht übrig, denn neben dem beißenden und schmerzenden Gefühl in der Lunge war der Rauch auch am Abhang, mehrere hundert Meter vom Austrittsort entfernt, noch immer so dicht, dass ich kaum meine eigenen Hände, geschweige denn den Boden unter mir, erkennen konnte. Also standen wir still und stumm nebeneinander, wie drei unsichtbare Statuen im dichten Nebel.
An diese Anweisung unseres Guides haben sich aber längst nicht alle Menschen gehalten. Die Minenarbeiter, die ihren schweren Körbe nach oben schleppten, schienen von dem giftigen Rauch auch beim Aufstieg kaum beeinflusst zu werden. Sie waren zu abgelenkt von ihrer schweren Last, um sich um diese weitere Belastung zu kümmern. Ich könnte diese Fähigkeit bewundernswert finden, aber ich finde es einfach nur erschreckend und traurig, dass diese Menschen dort täglich ihre Gesundheit riskieren (müssen), um ein bisschen Geld für sich und ihre Familien zu erwirtschaften.

Dieses Verhalten in den Nebelschwaden wurde nur von einem anderen Guide noch übertroffen. Als eine weitere Rauchwolke auf uns zugerollt ist, hat er sich vor seiner kleinen Reisegruppe auf einen Stein gesetzt und eine Zigarette angezündet. Selbst rauchend hat er auf den dichten Rauch des Schwefels gewartet, der ihn und seine Gruppe vollständig verschluckte. Als ich selbst nichts mehr sehen konnte, habe ich gehört, wie er angefangen hat zu singen! Ich habe nicht mal genug Luft bekommen, um reden zu können und war immernoch damit beschäftigt die Panik zu verdrängen. Und er saß dort gemütlich rauchend auf einem Stein und hat gesungen!!!
Unser Guide hat uns darauf erklärt, dass der andere Mann früher beim Schwefelabbau gearbeitet hat und die Arbeit als Guide für ihn deshalb um vieles leichter ist. Ich möchte gar nicht wissen wie viele Jahre man in diesem Krater verbringen muss, um in dieser Luft singen zu können…
Wenn gerade keine Wolke unsere Sicht versperrte, konnten wir den Aufstieg nun ohne Stirnlampen absolvieren, denn die Sonne war ja schon aufgegangen. Einen guten Blick auf den türkisen Kratersee hatten wir deshalb nur kurz, denn der Rauch hatte das Innere des Kraters mittlerweile vollkommen eingehüllt. Auch über uns waren dichte Wolken, sodass wir oben und unten nur grau gesehen haben. Graue Wolken, graue Steine, grauer Rauch unter uns und immer wenn eine der Wolken hochzog ein alles verschlingendes grau um uns herum.

Zum Glück passierte dies immer seltener, je höher wir kamen, und so konnten wir den letzten Teil des anstrengenden Aufstiegs fast ohne Unterbrechungen zurücklegen. Wir mussten nur immer wieder anderen Touristen den Weg frei machen, die nach unten in den Krater wollten. Ich war dagegen sehr froh, die giftigen Schwaden mit jedem Schritt weiter hinter mich zu bringen, vor allem, weil es mittlerweile noch dichter dort unten war, als bei unserer Ankunft. Thies hat die Erfahrung ziemlich gut zusammengefasst, indem er sagte: „Das war eine tolle Erfahrung, aber einmal im Leben reicht dann auch“. Da kann ich ihm nur zustimmen!
Gegen halb sieben (oder so ähnlich) haben wir es endlich an den oberen Rand des Kraters geschafft und sind dort auf andere Mitglieder unserer Reisegruppe gestoßen. Gemeinsam haben wir ein paar Bilder gemacht und konnten auch noch alleine mit ein paar Blöcken Schwefel Fotos machen.

Danach haben sich die Ersten an den Abstieg gemacht und ich habe mich einfach nur erleichtert gefühlt. Nach den zwei schlaflosen Nächten und der körperlichen Anstrengung war ich ziemlich erschöpft und habe mich darauf gefreut zu sitzen und im Auto zu schlafen. Zwischen uns und diesem Ziel lagen nur noch ein paar hundert Meter Abstieg. Trotz meiner Erschöpfung war es keine Option die letzte Strecke mit einem der „Lamborghinis“ zurückzulegen, die oben auf dem Kraterrand und auf dem ganzen Weg wieder auf willige Touristen warteten und „Taxi, Taxi“ oder „Lamborghini, Lamborghini?“ durch den frühen Morgen riefen. Wenn man sich so herumkutschieren lässt, dann wird einem doch kalt?! In dieser Überzeugung wurde ich noch bestärkt, als es anfing zu regnen. Ab diesem Zeitpunkt erinnere ich mich nicht mehr an so viel. Ich habe auf dem immer matschiger werdenden Boden einfach einen Schritt vor den anderen gesetzt und habe dabei gemerkt, wie der Regen immer weiter unter meine trockenen Sachen vordrang. Durch die dichten Wolken um mich herum war die Aussicht ohnehin nicht so schön, deshalb bereue ich es auch nicht, dass ich die meiste Zeit auf den Boden gestarrt und vor mich hin gefroren habe.
Gegen viertel nach sieben hatte ich es endlich geschafft und war am Parkplatz vom Anfang wieder angekommen. In einem der Essensstände saßen bereits die selben Menschen, mit denen wir am Vortag zu Mittag gegessen haben und früh morgens zum Ijen gefahren sind. Gemeinsam hatten wir noch etwa eine weitere Stunde Zeit, denn wir mussten noch auf die letzten Teilnehmer der heutigen Bergtour warten. In diesen Minuten wurden wir immer wieder mit frittierten Bananen versorgt, von denen ich alleine bestimmt die Hälfte gegessen habe. Die Wärme dieser kleinen Snacks hatten wir alle auch sehr nötig, denn auch auf dem Parkplatzgelände war es immernoch sehr kalt und so hat jedes Gruppenmitglied in der teilweise durchnässten Kleidung ziemlich gefroren. Ich hatte glücklicherweise noch einen trockenen Hoodie im Rucksack, aber diesen Luxus hatten nicht alle. Wir waren dementsprechend froh, als die letzten Teilnehmer endlich da waren und wir in das warme Auto steigen konnten.
Thies und ich haben uns vorher noch von unserem Bergführer verabschiedet und ihm dafür gedankt, dass er uns nicht unten im Krater vergessen hat. Er hat uns erzählt, dass er erst 18 ist, also sogar ein Jahr jünger als wir! Außerdem meinte er, dass er sich Englisch bei diesem Job als Tourguide selbst beigebracht hat und froh ist, nicht als Minenarbeiter sondern als Guide arbeiten zu können, obwohl er ja auch in diesem Job täglich mit den giftigen Dämpfen in Kontakt kommt. Solche kleinen Begegnungen zeigen mir immer wieder, wie unterschiedlich die Leben von Menschen auf diesem einen Planeten sein können.
Nach dieser Verabschiedung konnten wir endlich ins Auto einsteigen, woraufhin ich sofort eingeschlafen bin. Im Hotel sind wir nach etwa einer Stunde Fahrt angekommen, wo wir unsere Rucksäcke gepackt, kurz etwas gegessen und eine weitere halbe Stunde geschlafen haben. Länger konnten wir uns leider nicht ausruhen, denn am späten Nachmittag stand noch der letzte Punkt dieser geführten Tour an.
Gemeinsam mit den fünf anderen Menschen unserer Gruppe wurden wir ein letztes Mal in einen Van gesetzt und ganz in den Osten Javas zum Hafen gefahren. Dort wurden uns Bootstickets in die Hand gedrückt und wir konnten anschließend gemeinsam auf die Fähre nach Bali steigen. Die Fährfahrt war die letzte Aktion, die im den Tourpreis inklusiv war, weshalb wir uns praktischerweise nicht selbst um die Tickets oder die Abfahrtzeit kümmern mussten.
Auf der Überfahrt auf die benachbarte Insel hatten wir sieben das erste mal ausführlich Zeit uns ungestört zu unterhalten, weshalb die Zeit wie im Flug verging. Mit Kevin und Tamara haben wir uns schon vorgenommen uns in Deutschland und in den nächsten Tagen auf Bali wieder zu treffen und auch mit den anderen haben wir uns wirklich gut verstanden.
Mit dem Übersetzen auf die andere Insel, dem Verlassen Javas und damit lustigerweise auch der bisherigen Zeitzone endete unser spontanes Bergabenteuer. Zwei Tage geprägt von schlaflosen Nächten, zwei tollen Wanderungen, einem wunderschönen Sonnenaufgang, einem weniger schönen, dafür sehr einprägsamen Sonnenaufgang und fünf tollen neuen Bekannt- und Freundschaften. Ich bin total froh darum, dass wir uns spontan für diese Tour entschieden haben und so diese Erfahrungen gemacht zu haben.
Doch nun lagen zum Ende unserer Zeit in Indonesien noch eineinhalb tolle Wochen im Urlaubsparadies Bali vor uns!

Faszinierend – und beängstigend. Wow, was für eine Tour. Vielen Dank für diese eindringliche Schilderung. Da kriege ich hier auf dem Sofa schon Probleme mit der Atmung. Sehr cooler Reise Abschnitt…
Sehr spannend!
Das war wieder ein toller Beitrag! Schon beim Lesen bangt man um Euch! Ich hätte auch in jungen Jahren solch ein Abenteuer nicht zu Ende durchgestanden. Die Überfahrt nach Bali allerdings habe ich so auch erlebt. Freue mich auf die nächsten Brichte!
Was für unglaubliche Erlebnisse! Da stockt einem der Atem nur beim Lesen. Wie mutig ihr seid und hunderte andere Menschen mit euch.
Wir sind gespannt auf die nächsten Berichte. Liebe Grüße eure Frauke und Günter