Kamele reiten in der Sahara
Der Titel dieses Beitrags klingt noch immer total unglaubwürdig in meinem Kopf. Klar, ich hatte das schon ein paar Wochen geplant, aber wenn ich daran denke, dass ich vor wenigen Monaten noch gar nicht wusste, in welches Land ich nach Portugal reisen möchte, wirken meine letzten Tage sehr surreal.
Disclaimer: Wie man an den Bildern erkennen kann, waren unsere Kamele eigentlich Dromedare. Ja, natürlich hätte man auch über Dromedare schreiben können, nur leider ist mir das erst zu spät aufgefallen, deswegen steht in diesem Beitrag überall, wo eigentlich „Dromedar“ stehen soll, „Kamel“. Außerdem klingt „Kamele reiten“ ehrlich gesagt irgendwie cooler als „Dromedare reiten“.
Am Montag morgen wurden Dennis und ich aus Marrakech abgeholt. Der Van, mit dem wir gefahren wurden, war sogar erstaunlich gut. Nicht nur hatten wir eine funktionierende Klimaanlage, jeder Sitz hatte auch eine ausreichende Beinfreiheit und dazu war der Fahrer sehr sympathisch.
Zu der Fahrt selbst kann und will ich gar nicht zu viel sagen, es war halt eine Busfahrt. Ich bin kein Fan von Bussen, aber mit den anderen 14 Gästen und dem Fahrer war diese wirklich machbar. Den ersten Tag haben wir auch nur zum Teil in dem Bus verbracht, denn auf dem Weg lagen noch einige interessante Stops. Nur ungefähr 100 Kilometer von Marrakech liegt das Atlas Gebirge, durch welches wir durchgefahren sind. Der höchste Ort auf diesem Pass liegt auf 2200 Metern, wo auch unser erster Stop für Fotos war. Der erste richtige Stop jedoch lag in Ait Benhaddou, eine von Unesco geschützte Stadt. Getrennt von einem kleinen Fluss liegt auf der einen Seite die moderne Seite, in der die ganzen Locals leben und auf der anderen Seite die Altstadt, in welcher aus offensichtlichen Gründen heute nur noch fünf Familien leben. Gegründet wurde das Dort ungefähr im Jahr 750 und ist damit das älteste Dorf Marokkos. Dementsprechend alt und zerfallen sind auch einige der dort gebauten Lehmhäuser. Deutlich spannender war jedoch, dass dies einer der Drehorte für so einige bekannte Filme / Serien ist. Nennenswert wären zum Beispiel „Game of Thrones“ oder „Gladiator“. Auch wenn der Stop grundlegend sehr interessant war, wäre er selbst keinen Trip wert gewesen. Für die Führung mit einem lokalen Guide brauchten wir nur eine Stunde und im Endeffekt hat das auch locker gereicht, um das kleine Dorf kennenzulernen. Umso besser war es also, dass Ait Benhaddou auf dem Weg lag und zu unserer Reise dazugehörte.

Der zweite Stop, welcher leider nur sehr kurz war, waren die „Atlas Studios“ – die bekanntesten Filmstudios hier in Marokko. Durch den riesigen Park gab es natürlich Führungen, nur dauerten diese auch entsprechend lange und so gerne ich die Studios auch gesehen hätte, mussten wir schnell weiter. Gedreht wurden dort unter anderem Szenen für „Assassin‘s Creed“, „Vikings“, „The Grand Tour“, „Prison Break“ und „Aladdin“. Ich als Film- und Videographie- Fan hätte dort also locker noch einen Tag zwischenschieben können.
Weitere, weniger nennenswerte Stops auf unserem Weg waren Kiosks, eine Tankstelle und schlussendlich das Dorf, in welchem unser erstes Hotel lag. Hier verbrachten wir die Nacht und lernten in unserem geteilten Zimmer Alexandre kennen, ein Brasilianer. Mit ihm haben wir in den nächsten Tagen noch viel Zeit verbracht und ich persönlich muss mir definitiv nochmal überlegen, ob ich nicht doch Südamerika mit in meine Reiseplanung mit aufnehmen muss. Den Erzählungen nach würde es mir dort sehr gefallen.

Der zweite Tag startete sehr ähnlich wie der erste. Wieder um 08:00 Uhr fuhr der Bus los und wir waren auf dem Weg zur Wüste. An diesem Punkt muss ich aber gleich erstmal etwas klarstellen. Die Wüste, zu der wir gefahren sind, liegt ganz im Westen von Marokko und damit direkt an der Grenze zu Algerien. Es ist nicht die typische Sahara, die man sich vorstellt, mit Hunderten von Kilometern nur mit Sand und Temperaturen, die einfach nicht für Menschen gemacht sind. Soweit ich weiß gehört der Teil, in dem wir waren, auch zur Sahara und für mich hat das ganze die Erfahrung auch nicht weniger spannend gemacht, aber im Endeffekt war die Wüste „nur“ 50 Kilometer lang und 5 Kilometer breit. Es waren immer noch Berge aus Sand, etliche Dünen und kaum Leben dort, aber in irgendeiner Form müssen solche Touren ja auch umsetzbar sein, ohne jeden zweiten Tag einen Touri im Sand zu verlieren.
Bevor wir jedoch am Rand der Wüste ankamen besichtigten wir noch das Dades Valley – ein Tal zwischen riesigen Gesteinsformationen. Auch wenn die Natur dort unglaublich war, wurde das ganze leider durch Massen an Touristen, lokalen Verkäufern und Bussen kaputt gemacht. Es war fast unmöglich, das Tal als das zu genießen, was es ist, wenn um einen rum etliche Menschen sind, die einem entweder alte Teppiche andrehen wollen, oder genervt darauf warten, dass die Ausflugsgruppe den Weg zum Bus findet. Schlimm war das alles natürlich trotzdem nicht, da wir vorher gar nicht auf dem Plan hatten, dass einer unserer Stops das Dades Valley sein würde. Auch wurde uns im angrenzenden Dorf noch die Kunst des Teppich… Machens gezeigt? Ich weiß gar nicht wie die Technik heißt, sie wirkte auf jeden Fall kompliziert. Selbstverständlich war dies jedoch die Arbeit der Frau, der Mann, welcher uns dazu alles erzählt hatte, war viel eher daran interessiert uns diese Teppiche auch gleich zu verkaufen. Nachdem er aber relativ schnell realisiert hatte, dass wir das falsche Klientel für orientalische Teppiche waren, ging es weiter in Richtung Wüste, diesmal endlich ohne weitere Zwischenstops.

Die letzten 1,5 Stunden Fahrt führten uns durch die Steppe. Abgesehen von vereinzelten Häusern und Palmen wuchs in diesem Gebiet schon nichts mehr und alles sah nicht unbedingt so aus, als wäre es für Menschen gemacht. Nach einiger Zeit konnten wir dann in der Ferne die ersten Sanddünen erkennen und je näher wir kamen, desto bewusste wurde mir, wie riesig diese eigentlich sind. Laut Google erreichen die höchsten Dünen dort um die 350 Meter Höhe. Angekommen am Rand des Sandes sind wir also aus dem Bus ausgestiegen und sind noch ein paar Meter gelaufen, bevor wir an unseren Kamelen ankamen. Die Kamele saßen schon bereit vor Ort und warteten auf uns. Wir haben also unsere Kopftücher aufgesetzt, die wir in Ait Benhaddou jeweils schon kaufen konnten und setzten uns, einer nach dem anderen, auf die Kamele.
Gleich nachdem man sich auf den Sattel geschwungen hatte, gingen die Kamele auch gleich hoch, natürlich ohne darauf zu warten, dass wir es und bequem machen konnten. Alleine das Aufstehen alleine war schon spannend, da man in dem Sattel zuerst nach vorne und gleich darauf nach hinten geschleudert wurde, und man bedenke, dass wir noch immer unsere großen Rucksäcke aufhatten. Nachdem einer der Kamelführer das erste Kamel an einem Seil hielt und anfing, es in Richtung Wüste zu führen, setzte sich unsere kleine Karawane also in Bewegung. Jeweils vier bis sechs der Kamele waren aneinander festgebunden, so mussten weniger Locals mitlaufen und wir nur dafür sorgen, dass wir nicht vom Sattel fallen. Auch wenn die Kamele deutlich schwunghafter liefen als gedacht, war das Reiten selbst relativ entspannt. Manchmal mussten wir uns sehr aktiv festhalten, wenn die Kamele gerade eine steilere Düne runter liefen, oder etwas aus der Reihe drifteten, aber im Endeffekt war das kein Problem. Über die Dünen der Mini-Sahara ging es dann also für die nächsten 1,5 Stunden und abgesehen von den Kamelschnaufern oder Gesprächen lag über der Wüste eine absolute Stille.

Jedenfalls wenn man die gelegentlichen Wüstenbuggys und Allradautos ausblendete, die über die Dünen hin und wieder über die Dünen rasten. Nach ungefähr 4/5 des Wegs legten wir eine Pause auf einer der höhergelegenen Dünen ein, um von dort aus den Sonnenuntergang zu beobachten. Auch für uns war das gar nicht schlecht, denn die Sattel waren auf Dauer doch gar nicht mal so gemütlich. Der Sonnenuntergang war mal wieder traumhaft und nachdem wir die letzten Minuten noch dem aufgehenden Mond entgegen geritten waren, erreichten wir in der Dunkelheit endlich das Camp.
Wir wurden auf die Zelte aufgeteilt und waren gleich sehr positiv überrascht. Die Zelte waren, und ich übertreibe nicht, das luxuriöseste in dem ich bisher auf der ganzen Reise geschlafen habe. Ein Queensize Bett, Teppiche aus Tierfell auf dem Boden und eine Regendusche zierten den Raum und das nicht nur in unserem, sondern in jedem der insgesamt zehn Zelte des Camps. Dennis und ich durften uns zwar ein Bett teilten, das war bei der Größe aber noch immer mehr als ausreichend. Auch das Abendessen ließ nicht zu wünschen übrig, es gab wieder einmal das Landesgericht Tajine und zum Nachtisch ein paar Früchte, bevor wir uns draußen an einem kleinen Feuerplatz versammelten. Die dort arbeitenden Marokkaner spielten ein wenig der Musik, die typisch für das Land ist, während wir um das Feuer saßen. Später machten sich noch ein paar der Gruppe auf den Weg zu einer nahegelegenen Düne, um noch einmal bei Nacht in die Wüste gucken zu können. Genau die Nacht, in der wir dort waren, war nämlich Vollmond. Auf der einen Seite war das toll, um die Wüste auch bei Nacht noch immer gut sehen zu können, auf der anderen Seite auch ein bisschen schade, denn Sterne waren so nicht auszumachen.

Erwähnenswert sind jedoch auch noch zwei Tiersichtungen, die wir in der Wüste hatte. Zum einen hat uns auf dem Steinweg vor unseren Zelten nämlich der größte Käfer begrüßt, den ich bisher gesehen habe. Leider hatte einen Spinnen-ähnlichen Charakter, war aber doch schnell als Käfer auszumachen. Das beunruhigende war nur, dass er in etwa so groß wie meine ausgebreitete Hand war und unangenehm schnell über den Boden krabbeln konnte.
Später, als wir über die Dünen liefen, fanden wir tatsächlich einen Skorpion. Dieser war zwar tatsächlich winzig, definitiv weniger als 10cm lang und er hatte eine sehr ähnliche Farbe zum Sand. Laut Google ist diese Art Skorpion relativ wenig bekannt und nachtaktiv, leider stand dort jedoch nichts darüber, ob er tatsächlich giftig ist. So oder so wollten wir es natürlich nicht ausprobieren.
Ganze fünf Stunden Schlaf später, fanden wir uns alle zum Frühstück in der Haupthalle wieder. Um sechs Uhr morgens saßen wir dann alle wieder auf den Kamelen und machten uns auf in die Wüste – mitten im Dunkeln. So konnten wir jedoch perfekt die hinter uns aufgehende Sonne genießen, die zu der Uhrzeit zum Glück noch nicht so stechend war. Der Vorteil dieses Teils der Sahara ist, dass nachts die Umgebung nicht so sehr abkühlt und man auch am frühen Morgen noch entspannt in langer Hose und T-Shirt nach draußen kann. So erreichten wir also, nach weiteren 1,5 Stunden reiten (diesmal leider ohne Pause) um kurz vor acht den Bus.

Von der Rückfahrt bis nach Marrakech gibt es wirklich nicht so viel zu erzählen. Auf dem Weg machten wir nur 3 Stops, davon einer um Mittag zu essen und waren so nach etwas über zehn Stunden Fahrtzeit um 19:30 wieder in Marrakech. Erschöpft machten Dennis und ich uns also wieder auf den Weg in ein Hostel und gingen auch entsprechend bald schlafen.
Auch hierzu habe ich natürlich einige Videos mit meiner Kamera aufgenommen, aus welchen ich wieder ein YouTube-Video machen werde. Sobald dieses also existiert, füge ich den Link wieder hier ein!
Ich kann immer noch nicht ganz realisieren, wie viel in der letzten Woche passiert ist. Von den vollen Straßen Marrakechs, an die man sich auch erst einmal gewöhnen muss, ging es in das Bergdorf Imlil, in ein Bergcamp und auf den Gipfel des höchsten Bergs Nordafrikas. nur 3 Tage später waren wir schon auf dem Weg in die Sahara, sind am nächsten Tag Kamele über Sanddünen geritten, haben eine Nacht Mitten im Sand geschlafen und sogar bis nach Algerien sehen können und jetzt ist plötzlich alles schon wieder vorbei.
Gerade sitze ich im Zug auf dem Weg nach Fès. Die letzten zwei Tage haben wir noch einmal genutzt um eine etwas andere Seite Marrakechs anzusehen, welche deutlich moderner und sauberer ist. Dazu haben wir uns mit Alexandre wiedergetroffen, den ich vorhin schon einmal erwähnt habe. Sein Flug ging in der ersten Nacht, zurück in Richtung Brasilien. In der zweiten Nacht war es dann Zeit für Dennis, wieder zurück nach Deutschland zu fliegen. Nach zwei gemeinsamen und wirklich intensiven Wochen trennen sich unsere Wege nun und ich bin wieder alleine. Nachdem ich gestern Nacht noch eine lange und sehr interessante Unterhaltung über Politik, Linguistik und Geschichte mit zwei meiner Bettnachbarn hatte (natürlich auf Englisch, was gar nicht mal so einfach war), die unerwartet bis spät in die Nacht ging, habe ich mich heute morgen zum Bahnhof begeben und mich für die finale Route entschieden, die ich noch durch Marokko nehmen werde. Seit 11:30 Uhr sitze ich im Zug und bis 18:30 Uhr werde ich noch unterwegs sein, bevor ich mir in Fès ein Taxi zum nächsten Hostel suchen kann. Von dort aus geht es dann früher oder später nach Chefchaouen, danach nach Tangier und dann über Rabat nach Casablanca. Jedenfalls ist das der aktuelle Plan. Gebucht ist davon natürlich noch nichts, abgesehen von dem Hostel für heute Nacht. Ich habe ab morgen noch 15 Tage in Marokko, bevor am 07.10. mein Flug von Casablanca geht. Es ist also noch genug Zeit um viele Eindrücke im Norden des Landes zu sammeln, welcher soweit ich gehört habe eine völlig andere Charakteristik haben soll, als der Süden. Ich bin also weiterhin gespannt auf alles, was noch kommt und melde mich hier wieder, sobald ich etwas zu erzählen habe.
Bis dahin!
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Das ist ja toll, dass ich jetzt auch hier etwas schreiben kann! Ich bin so beeindruckt von deinen Erlebnissen! Ich kann mir vorstellen, dass so ein Sattel auf Dauer nicht so gemütlich ist, aber das war es sicher wert! Unglaublich- die Landschaft, die Tiere und die Leute!
Vielen Dank für deinen Bericht! Ich freue mich schon auf den Film! Gute Weiterreise!
Lieber Thies,
es ist einfach unglaublich, was Du in den letzten Wochen erlebt, gesehen und ausprobiert hast. Dein Blog nimmt uns mit, macht einfach Spaß und zeigt, wie anstrengend, aufregend und einzigartig solch eine Reise ist. Ich warte immer sehr gespannt, wann der nächste Bericht kommt, weil Du einfach gut schreibst. Die Bilder sind noch dazu großartig!
Lieber Thies!
Danke für die Kommentar-Funktion! 😉
Es ist schön zu lesen, was du erlebst! Ich freue mich immer auf deine Berichte. Die Beduinen-Kluft ist sehr kleidsam!