Kia Ora, Aotearoa
Am 04. Juni haben wir offiziell Asien verlassen und befinden uns jetzt in Ozeanien – genauer gesagt in Auckland, der größten Stadt Neuseelands. Heutzutage leben in Neuseeland Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern, aber die größten Bevölkerungsgruppen in Neuseeland sind die „westliche“ Bevölkerung und die Māori, also die indigene Bevölkerung des Landes. Dementsprechend hat Neuseeland auch zwei Landessprachen, Englisch und Te Reo Māori (= die Sprache der Māori). „Kia Ora“, bedeutet soviel wie Hallo oder Willkommen, während „Aotearoa“ der Name für das Land Neuseeland ist, was soviel wie „Das Land der langen, weißen Wolke“ bedeutet. Deswegen also der Titel!

Noch bevor wir den Flughafen verlassen haben wurde uns direkt klargemacht, dass Neuseeland etwas anders drauf ist, als die meisten anderen Länder. Es gibt für die Einreise nämlich gewissen Biodiversitäts-Bestimmungen, die man einhalten muss. Zum Beispiel darf man kein bis kaum Essen mit in das Land bringen, keine Pflanzen, fremde Erde oder ähnliches. Als wir ankamen, mussten wir beim Zoll sogar unsere Schuhe angeben, da wir diese in den vorigen Ländern auch als Wanderschuhe genutzt haben. Da sich an den Schuhsolen entsprechend fremde Keime oder Samen befinden können, muss man diese vorher reinigen. Wir haben daran aber schon gedacht und unsere Schuhe schon auf Bali in die Reinigung gegeben. Nachdem wir ansonsten zum Glück problemlos durch die Kontrollen gekommen sind, stiegen wir daraufhin in den Bus nach Auckland.
Bei unserer Ankunft dort ist uns direkt vor allem eins aufgefallen. Nachdem wir vom Flughafen mit dem Bus und dann Zug in die Mitte der größten Stadt des Landes gefahren sind, erwartete uns hinter den Türen des Bahnhofs folgender Anblick und unser beider erster Gedanke war: „Das fühlt sich an wie Zuhause“

Natürlich hat Kiel keine solche Skyline und ist ein gutes Stück kleiner als Auckland, aber den westlichen Stil nach über einem halben Jahr in Asien wiederzusehen, war schon ein besonderes Gefühl. Alles hat sich irgendwie bekannt angefühlt, nicht ganz so fremd wie bisher. Wir konnten die Schrift lesen, die Menschen verstehen, hatten einen ähnlichen Kleidungsstil und konnten sogar ohne nachzudenken das Leitungswasser trinken! Das wichtigste war jedoch etwas anderes: Wir sind in der Masse einfach nicht mehr aufgefallen. Wir sind es mittlerweile so gewohnt, die Außenseiter zu sein und von vielen angestarrt zu werden (vor allem durch Jakarta…), dass wir es beide sehr vermisst haben, einfach in der Masse untergehen zu können.
Unser erster Weg durch Auckland ging direkt zu unserem Hostel. Es war schon Mittag, wir konnten also auch direkt in unser Hostel, das „Surf’n’Snow“, einchecken. Die Unterkunft war zugegebenermaßen nicht deutlich sauberer oder besser als die, die wir aus Südostasien so kennen. Einen wichtigen Unterschied gab es aber: Wir hatten eine Küche! Wir haben uns schon so lange darauf gefreut, endlich selbst kochen zu können, dass diese Küche wirklich ein kleines Highlight war. Trotzdem haben wir am ersten Abend nichts weiter gemacht und sind etwa eine halbe Stunde nach unserer Ankunftszeit direkt ins Bett gefallen. Immerhin gingen die Flüge von 21:00 Uhr bis 14:00 Uhr am nächsten Tag, wir waren also echt fertig.
Am zweiten Tag haben wir uns Zeit gelassen mit dem Aufstehen und die erste Tageshälfte genutzt, um das Hostel und die direkte Umgebung zu erkunden. Mittags haben wir uns aus dem nächsten Supermarkt Nudeln geholt, um erstmal ein schnelles Essen zu haben. Während wir uns die Nudeln machten, lernten wir zufällig zwei Menschen kennen: David und Janneke. Die beiden Freunde sind auch Deutsche und waren gerade knapp ein Jahr in Neuseeland unterwegs. Sie waren in dem Hostel um ihr Auto zu verkaufen, in dem sie das letzte Jahr gelebt haben. Wir haben zusammen gegessen und uns dabei gleich so gut verstanden, dass wir direkt danach hoch in den Aufenthaltsraum gegangen sind, um gemeinsam Karten zu spielen. Es hat sich irgendwie so ergeben, dass wir so ziemlich die gesamte Zeit, die wir in Auckland verbracht haben, zu viert unterwegs waren. David und Janneke haben uns gleich zu Anfang ein paar Kartenspiele beigebracht und somit haben wir tagtäglich stundenlang (wirklich stundenlang) Karten gespielt, vor allem Doppelkopf. Gleich am ersten Abend haben wir zwangsweise nur aufgehört, weil nachts die Rezeption und somit auch der Aufenthaltsraum geschlossen haben.
Für uns war es eine großartige und wirklich lang ersehnte Erfahrung, endlich mal wieder Menschen um uns zu haben, die wir Freunde nennen können. Mittlerweile sogar sehr gute Freunde! Die Menschen, die man normalerweise in Hostels und Schlafsälen trifft, sind oft nett um einen Tag mit ihnen zu verbringen, vielleicht danach noch ein wenig zu schreiben oder sich möglicherweise sogar in Deutschland nochmal zu treffen. Gerade mit Kevin und Tamara, die wir in Indonesien getroffen haben, sind wir schon zum Oktoberfest verabredet. Aber so eine richtige Verbindung, dass man gleich auf Anhieb zwei Wochen am Stück zusammen verbringt, das findet sich beim Reisen selten.
Etwas negatives haben David und Janneke aber doch mit sich gebracht: Schlafmangel. Während wir uns anfangs tagsüber im Hostel über den Weg gelaufen sind und danach beispielsweise zusammen gegessen haben, hat es sich schnell etabliert, dass die Doppelkopf-Runden auch mal länger gingen. Wenn wir aus dem Aufenthaltsraum geschmissen wurden, weil die Rezeption schließen wollte, haben wir uns meistens in die Küche gesetzt und dort weitergespielt. An einem Abend hat sich die Runde in den nächstgelegenen McDonalds verlagert, der die ganze Nacht lang auf hatte. Ich weiß nicht was die Angestellten dort über uns gedacht haben – vier junge Erwachsene die zwei Stunden vor Sonnenaufgang zum Karten spielen in einen Fast Food Laden gehen – aber sie scheinen es und nicht übel genommen zu haben.
In den anderen Nächten kam es vielleicht sogar vor, dass wir erst kurz vor Sonnenaufgang schlafen gegangen sind und neben dem Karten spielen auch viel Zeit draußen verbracht haben und danach alle bis Nachmittags im Bett lagen.
Für die beiden war das aber nochmal schwerer als für uns – denn während wir für unsere Hostelbetten gezahlt haben, haben David und Janneke im Hostel gearbeitet. Für 3×4 Stunden pro Woche konnte man in dem Hostel „umsonst“ schlafen, was tatsächlich ein echt gutes Angebot ist. Für uns hat das keinen Sinn gemacht, da wir eigentlich nicht so lange in Auckland bleiben wollten. Ja, eigentlich. Aber dazu später mehr.
Neben unseren unzähligen Runden Doppelkopf haben wir auch viel gekocht. Und diesmal nicht nur Nudeln, nein, aus uns sind richtige Gourmet-Köche geworden! Es gab selbstgerollte Sushi, Lasagne, Knödel, Teigtaschen, Chili sin Carne oder sogar vegetarische Burger mit selbstgemachten Patties! Wenn wir ganz unmotiviert waren, haben wir uns trotzdem auch mal eine Pizza bestellt.

An einem Abend sind wir nachts zum Hafen gegangen, um dort zu tanzen. Beeke und ich haben Kiel jeweils schon mehrere Jahre Erfahrung im Standardtanz gesammelt und das seit Reisebeginn leider kaum noch nutzen können. Irgendwie haben wir es immer vergessen, oder es hat sich einfach nicht angeboten. David und Janneke haben auch schon einige Kurse Standardtanz mitgemacht und so kam die Motivation auf, endlich mal wieder zu tanzen. Und so standen wir dort mitten in der Nacht mit einer kleinen Musikbox am Hafen und tanzten. Zwischendurch sind uns in der Ferne zwei Menschen aufgefallen, die wohl unsere Musik bemerkt haben. Nach einer Weile, haben die zwei auch angefangen zu tanzen! Kurz darauf kamen sie zu uns und wir haben uns eine Weile darüber unterhalten. Die beiden waren wohl zusammen, kamen gerade von der Geburtstagsfeier des Mädchens und hatten durch unsere Musik – genauso wie wir – den Gedanken, mal wieder tanzen zu wollen. Das war unsere erste richtige Interaktion mit Neuseeländern abgesehen von der Hostel-Rezeption und ich muss sagen, soweit sind sie sehr sympathisch! Erst gegen fünf Uhr nachts (oder ist das schon morgens) sind wir zurück zum Hostel gegangen und in unsere Betten gefallen.
Okay, aber erstmal genug zu den nächtlichen Ausflügen. Denn wie schon erwähnt haben David und Janneke neben dem ganzen Doppelkopf auch noch versucht, ihr Auto zu verkaufen. Beekes und mein Plan war es, im Prinzip genau das gleiche zu machen, was die beiden im letzten Jahr gemacht haben. Und so haben wir zwischendurch tatsächlich überlegt, ihnen ihr Auto abzukaufen. Am Ende haben wir uns nach vielen Überlegungen für ein anderes entschieden, aber cool wäre es trotzdem gewesen.
Unsere Nebenbeschäftigung war es also während unserer Zeit in Auckland, das Internet zu durchforsten und Sonntags zu einer Automesse zu laufen, bei der Camper verkauft wurden. Die ursprüngliche Idee war es, einen großen, ausgebauten Van zu kaufen. Wir hatten sogar noch in Indonesien, als wir uns schon online umgesehen hatten, ein paar gefunden, die wirklich gut aussahen. Leider waren bis wir in Neuseeland ankamen aber alle schon verkauft, weswegen wir uns in Person neu auf die Suche machen mussten. Schnell ist uns dann aufgefallen, dass die großen Vans in unserem preislichen Budget alle nicht mehr sonderlich gut aussahen – die meisten hatten schon über 300.000 Kilometer auf dem Tacho. Der höchste Tachostand den wir gesehen haben lag über 580.000 Kilometer – also ein Auto, das wir auf gar keinen Fall riskieren wollten.
Als wir dann nach etwa zwei Wochen in Auckland nur noch wenige Autos in der Auswahl hatten, ging es nur noch um Kleinigkeiten. Trotzdem fiel uns die Entscheidung sehr schwer, immerhin war das der größte Kauf dieser Reise und sollte auch unser Zuhause für die nächsten Monate werden. Am Ende fiel unsere Wahl dann auf ein Auto, welches uns vom Innenraum nur so semi gefiel, dafür aber mechanisch toll aussah.

Wir besitzen jetzt also ein eigenes Auto! Der Toyota Voxy, den wir gekauft haben, ist wie eine Mischung aus einem großen Familienwagen und einem Minivan. Die sieben Sitze, die vorher drin waren, wurden entfernt und dafür ein Bett eingebaut. Dort, wo der Kofferraum war, ist nun eine Küche. Naja, jedenfalls ein Waschbecken und ein Camping-Gaskocher. Das Bett besteht aus vier einzelnen Matratzen, die hintereinander auf die Größe von einem normalen Bett kommen. Warum vier? Unter dem Bett befindet sich Stauraum, in dem wir unsere Rucksäcke und deren Inhalt lagern. Um da besser ran zu kommen ist die Matratze unterteilt in kleiner Teile, sonst müsste man bei jedem Griff zur Kleidung die gesamte Matratze aus dem Auto nehmen.
Das Bett ist auch noch umbaubar zu einem Esstisch. Man nimmt einfach eine Holzplatte aus der Mitte, die auch als Tisch fungiert und baut sie an ein metallenes Tischbein, das sich in eine Verankerung in der Mitte des Autos stecken lässt. Auch unter dem Bett befindet sich eine Toilette – eine Toilette, die wir niemals nutzen werden. Es ist sozusagen eine ungeschriebene Regel, die Toilette im Auto nicht zu nutzen, wenn man es danach noch weiterverkaufen möchte. Der Grund, dass die Toilette da ist, ist ein anderer.
In Neuseeland gibt es eine Unterteilung für Camper, ob sie „self-contained“ sind, oder nicht. Diese Auszeichnung ermöglicht es einem, auf etlichen kostenlosen Campingplätzen im Land stehen zu dürfen. Diese Campingplätze sind seltenst mehr als ein Parkplatz mit einer öffentlichen Toilette, aber dafür eben kostenlos! Wenn man auf diesen Plätzen tatsächlich schlafen möchte, muss man nur eben den self-contained Sticker an seinem Auto haben. Dafür ist es unter anderem auch noch erforderlich zwei Wassertanks im Auto zu haben, die jeweils mindestens 25L Wasser halten können. Einer für Frischwasser, einer für Dreckwasser.
Unser Auto erfüllt alle diese Vorraussetzungen und ist somit zertifiziert, kostenlos campen zu dürfen. Das spart uns die gesamten Unterkunftskosten und ist dementsprechend auch der einzige Weg, wir wir uns diesen Aufenthalt in Neuseeland finanziell ermöglichen können. Für das Auto haben wir 7000 Dollar gezahlt, was sich zu etwa 3500 Euro umrechnen lässt. Das ist ungefähr das, was wir uns hierfür vorgestellt haben und auch etwa das, was mit unserem restlichen Geld möglich ist. Jetzt haben wir natürlich noch genug Geld, um Dinge wie Sprit, Essen und Aktivitäten zu finanzieren, aber wir müssen schon sehr aktiv darauf achten, nicht zu viel auszugeben.

Mit dem Autokauf ging es für uns noch am gleichen Tag aus der Stadt Auckland raus. Jedenfalls einigermaßen. Das Treffen mit dem Käufer war um neun Uhr morgens und wir haben in der Nacht davor vielleicht etwas zu lange Karten gespielt. Wir wollten die letzten Stunden zu viert voll und ganz nutzen uns sind noch morgens zum Sonnenaufgang ans Wasser gegangen und erst um 08:30 schlafen gegangen.

Trotzdem hatten wir keine zwei Stunden Schlaf, als wir uns mit dem Verkäufer, ebenfalls einen Backpacker, trafen. Wir haben so dann auch gezahlt, das Auto umgemeldet und sind schlaflos die erste Fahrt angetreten. Wir sind noch einmal schnell einkaufen gefahren und daraufhin zu unserem ersten Stellplatz, etwa eine Stunde nördlich von Auckland. Dort haben wir nicht mal mehr gekocht und sind gleich beim Sonnenuntergang eingeschlafen. Alles was danach passiert ist und wie unsere ersten richtigen Nächte werden sollten, findet seinen Platz im nächsten Artikel!
Willkommen am buchstäblich anderen Ende der Welt!! Und kaum seid Ihr dort findet Ihr so etwas wie eine Familie – wie großartig ist das denn?!
Ein wunderbarer Artikel, der sehr viel Lust aufs Weiterlesen macht…
Echt spannend, vielen Dank! Und das Tanzen am Strand klingt wie aus einem romantischen Hollywood-Film! Toll!
Ich fühle mich auch sehr an meine Zeit im Studentenwohnheim zurück erinnert, als eine Freundin und ich uns auch die Nächte mit Kartenspielen um die Ohren geschlagen haben. Na ja, das Studium habe ich ja irgendwie trotzdem geschafft 😅.
Macht es weiter gut! Alles Liebe!
Juchhu! Endlich in Neuseeland angekommen..
Ich vermisse euch, es ist so schade, dass wir euch nicht am Anfang unserer Reise kennen gelernt haben. Die drei Wochen mit euch gehörten mit zu den besten in Neuseeland. Ich freue mich schon, wenn wir uns nächstes Jahr hier in Deutschland wieder treffen ❤️