Kyoto – Bären, Schreine und neue Freunde
Thies:
Kyoto ist eine der beliebtesten und bekanntesten Städte Japans und liegt nur 1.5 Bahnstunden nördlich von Osaka. Noch bis ins 19. Jahrhundert war die Stadt die Hauptstadt Japans und ist heutzutage bekannt als „Stadt der Tempel und Schreine“ – und das zurecht. Sucht man auf Google Maps in Kyoto nach religiösen Gebäuden, steht an wirklich jeder Straßenecke mindestens ein kleiner Schrein, oft sogar richtige Tempelanlagen inmitten der Stadt und dann gibt es außerdem noch die wirklich großen und bekannten Bauten, wie den Kinkaku-Ji Tempel. Er wird auch „goldener Tempel“ genannt, da er gänzlich mit Goldschicht angemalt ist. Um ihn herum steht ein akribisch gepflegter Garten mit ein paar Shops, weiteren kleinen Schreinen und vor allem etlichen Gebetsstätten, an denen man zu verschiedenen Göttern beten kann. Im Shintoismus sind die Gottheiten nicht ganz so unerreichbar wie in anderen Religionen, denn hier zeigen die Götter, Kami genannt, sich in der Gestalt von Menschen, Tieren, Gegenständen oder abstrakten Wesen. Auch die Natur kann Götter beinhalten, beispielsweise als Fluss oder Berg. So finden sich im ganzen Land Schreine wieder, die zu verschiedenen Gottheiten zugehörig sind, die sich in der Gegend aufhalten. Dabei kann man entweder zu einer spezifischen Gottheit beten oder ein Gebet frei aussprechen, sodass alle nahen Gottheiten es hören können und die angesprochen werden kann, die sich am ehesten zugehörig fühlt.

Abgesehen von kleinen Shopping-trips waren wir an einem Tag in Kyoto noch in dem nahegelegenen Bambuswald. Trotz einem erstaunlich hohen Touristenaufkommen in einer eher kleinen Stadt war der Ort wirklich schön. So ein Bambuswald ist doch nochmal ganz anders, als die Wälder die wir aus Deutschland so kennen. Ein kleines Highlight von diesem Tag kam ganz unerwartet in der Nähe des Bambuswaldes. Denn als wir etwas abseits einen kleinen Berg hochgewandert sind, ist uns zwischendurch ein kleiner Affe über den Weg gelaufen! Ich wusste vorher nicht, dass Japan noch wild lebende Affen hat, es hat uns also sehr gefreut das zu sehen!
Als wir am nächsten Tag etwas um einen Tempel herumgewandert sind, haben wir durch Zufall noch einen Bambuswald gefunden, nur diesmal ohne die Touristen! Es sieht so aus, als würde der Bambus hier tatsächlich angebaut und genutzt werden, anstatt nur als Touristenattraktion zu stehen und so sah der Wald fast noch etwas schöner aus:

Besagter Tempel, der in der Nähe dieses Bambuswaldes stand, war übrigens auch sehr bekannt. Auf vielen der Wegen innerhalb des Tempelgeländes stehen Shinto-Tore, die in Rot oder Orange förmlich leuchten und einfach sehr schön aussehen. So wie wir es den Texten entnehmen konnten, ist jedes Tor von verschiedenen Personen oder Firmen gesponsert und die Inschrift am Rand sagt nur aus, von wem. Der Tempel nennt sich übrigens „Fushimi Inari Taisha“ und ist einer der bekanntesten Schreine in Kyoto. Er liegt am Fuß eines Berges, den man hoch wandern kann, wenn man den ganzen Shinto-Toren folgt. Ausnahmsweise sind wir jedoch nicht selbst bis zur Spitze gelaufen, sondern haben einfach die erste Aussichtsplattform genossen, der Blick von dort war nämlich schon schön genug!

Beeke:
Ein Highlight in unserer Zeit in Kyoto war für mich eine Wanderung, die wir am letzten Tag endlich gemacht haben. Die Tage vorher war das Wetter meistens zu schlecht oder wir haben es einfach nicht rechtzeitig geschafft loszukommen. Am 01.03. war es dann endlich soweit.
Mit der Metro sind wir in die benachbarte Stadt Otsu gefahren. Von dort gibt es in den Sommermonaten auch eine Seilbahn auf die Bergspitze, diese ist im Winter aber nicht in Betrieb.
Die Wanderroute begann ohne sanften Einstieg mit mehreren sehr langen, steilen Steintreppen. Wir hatten zwar nur um die 10°, aber es hat sich schnell deutlich wärmer angefühlt. Wir haben uns nach und nach von unseren Schichten getrennt und am Ende bin ich einfach im T-Shirt gewandert. Zum Glück war die Treppe nur der Anfang der Wanderung, nach ein paar Höhenmetern wurde sie von Waldwegen abgelöst. Dort hat es gleich viel mehr Spaß gemacht und wir haben es sehr genossen endlich wieder so unterwegs sein zu können. In den anderen Ländern war es uns bisher immer viel zu warm zum Wandern, hier in Japan sind die Temperaturen dafür echt perfekt!
Kurz vor der Spitze des Berges sind wir auf eine große Tempelanlage gestoßen. Dort oben lag sogar Schnee, damit hatten wir beide vorher auch nicht gerechnet. Zu diesen Tempeln hatte man auch mit dem Auto Zugang, deshalb war es dort deutlich voller als auf dem Wanderweg (wo wir fast alleine waren).

Wir haben eine riesige Glocke geläutet und vor dem kleinen Tempel gebetet und haben dann eine große Halle entdeckt. Es sah einfach aus wie eine riesige, graue Lagerhalle. Neben den ganzen alten rot-orangenen Tempeln in typisch japanischer Architektur ist dieser graue Kasten natürlich aufgefallen und hat unser Interesse geweckt. Wir haben ihn betreten und waren etwas überrascht:
Im Inneren der Halle befand sich ein riesiger Tempel, der komplett von Metallstreben und Baugerüsten umgeben war. Der Tempel gehört zum Gelände der Enryakuji-Tempel und ist der Hauptschrein. Der originale Haupttempel wurde im Jahr 788 gebaut. Von 2016-2026 wird er auf die traditionelle Weise restauriert und ist dabei trotzdem noch zugänglich für die Öffentlichkeit. Über eine Treppe kommt man in den offiziellen Gebetsraum und kann wie von einer Empore auf den inneren Bereich des Tempels herunterblicken. Dabei ist man auf Augenhöhe mit der Buddha-Statue, was die Ebenbürtigkeit aller Gläubigen verdeutlichen soll. Außen am Tempel gab es ein Baugerüst, auf dem man die Arbeiter und das neu gebaute Dach betrachten konnte. Zur Erklärung gab es einen Informations-Film, der die Ziele des Projekts und die vielen Bauschritte erklärt hat. An manchen Stellen konnte man auch schon die neue Farbe des Schreins erkennen, ein leuchtendes Orange-Rot! Ich bin gespannt, wie es in 2 Jahren aussieht, wenn die Restauration endlich fertig ist! Leider kann man ein eingebautes Gebäude schlecht fotografisch festhalten, deswegen hier ein Bild von Schneeke:

Danach ging es weiter und wir haben den Weg auf die Bergspitze gesucht. Wir haben eine Weile gebraucht, bis wir ihn gefunden haben. Offenbar gehen nicht so viele nach der Tempelanlage noch weiter nach oben. Nach ein paar Metern sind uns wieder Warnschilder zu Bären aufgefallen. In Japan gibt es sowohl Schwarzbären (im Süden, wo wir auch waren) und Braunbären (eher im Norden, z. B. auf Hokkaido). Das haben wir nach einer kurzen Google-Suche aber auch erst auf dieser Tour festgestellt und danach (wie empfohlen) noch etwas lauter gesprochen, damit kein Bär zufällig auf uns stößt. Ein bisschen unwohl haben wir uns trotzdem gefühlt, obwohl die letzte Sichtung auf diesem Wanderweg zum Glück schon drei Jahre her war.
Zusätzlich zu den Bären-Warn-Schildern haben wir noch einen alten Bunker gefunden. Die Metallklappe im Boden ließ sich sogar noch öffnen. Eine alte rostige Leiter führte ins Dunkel. Wie weit es genau runter ging konnten wir nicht erkennen, weil die Anlage mit Wasser vollgelaufen war. Mir war bei diesem Anblick trotzdem etwas mulmig zumute. Wenn ich mir vorstelle, dass es zu manchen in diesem dunklen Loch sicherer war, als in dem friedlichen Wald, bin ich sehr froh, dass ich mir darum bisher noch nie Gedanken machen musste. Ich würde sehr vieles lieber tun, als da runter zu klettern. Thies ging es da anders, er wollte am liebsten alles erkunden. Gut, dass er das wegen der Flutung leider nicht konnte…
Die Bergspitze war ziemlich unspektakulär. Oben auf dem Berg war eine Art Plateau, welches jedoch mit Bäumen umgeben war. Auf diesem Plateau war ein kleiner Hügel, der ebenfalls von Bäumen umgeben war. Dort hing ein kleines Schild, welches die Höhe angezeigt hat. Eine Aussicht hatten wir von dort jedoch nicht.
Und dann haben wir uns an den Abstieg gemacht. Durch die grünen Wälder, abgeholzte Gebiete und zwischendurch sogar durch Schnee. Dafür waren unsere Schuhe wirklich nicht ausgelegt, aber wir konnten die tiefen Stellen immer gut umgehen.
Ich habe es wirklich sehr genossen so eine Wandertour zu machen. Nach den anstrengenden Stufen am Anfang war der Aufstieg deutlich entspannter und der Abstieg war eher eine Mischung aus Gehen und Wandern, als eine anspruchsvolle Wanderung. Also genau das richtige für eine Tagestour zwischendurch!
Übrigens: Obwohl die Tour eigentlich nicht so anspruchsvoll war habe ich es geschafft mein linkes Knie etwas zu überlasten. Es hat die nächsten drei Tage etwas wehgetan und ich musste oft langsamer gehen, als ich es eigentlich bevorzuge. Mir taten die ganzen Japaner:innen etwas leid, die in den vollen Metro-Stationen darauf warten mussten, dass ich die Treppe überwunden hatte. Zum Glück hat das Schonen aber gut funktioniert und es wurde schnell besser.
Abends sind wir sehr spontan noch länger in unserem Hostel geblieben. Denn das „Wise Owl Hostel“ hat an diesem Tag seinen 5. Geburtstag gefeiert. Für einen geringen Preis gab es ein großes Buffet und danach gemeinsame Spiele. Der „Moderator“ hat seinen Job so gut gemacht, dass ich sogar die allgemeine Vorstellungsrunde wirklich lustig fand. Danach gab es ein kleines Quiz und wir haben Bingo gespielt. Schon am Anfang des Abends haben wir zwei andere Reisende getroffen – beide auch aus Deutschland! Darunter war der erste andere Norddeutsche, den wir bisher getroffen haben, ein Hamburger. Wir vier waren alle in einem ähnlichen Alter und haben uns direkt gut verstanden. Dieser unverhoffte Abschluss des Tages war wirklich schön und ich habe es sehr genossen mich mal wieder etwas ausführlicher mit neuen, sehr sympathischen Menschen unterhalten zu können!
Ein richtig toller Artikel mit einer schönen Mischung aus japanischer Kultur und persönlichen Highlights. Vielen Dank! Und wie gut, dass es in Kyoto vielleicht nicht mehr ganz so viele Bären gibt 🙂🙃🙂.
Vielen Dank für den schönen Reisebericht von euch Zweien. Japan scheint spannend und außergewöhnlich zu sein.
Ich freue mich schon auf weitere Reisegeschichten von euch.
Alles Liebste und herzige Grüße von Eva 😘💚🍀🙏☀️🕉️🪷