MotoGP
Am Wochenende vom 01. bis zum 03. November lief in Kuala Lumpur die MotoGP. Das ist sozusagen die Formel 1 der Motorräder, die besten der besten und die schnellsten der schnellsten. Ich hatte mich selbst zwar überhaupt nicht dazu informiert, aber als ich vor 3 Wochen die Werbetafeln in KL gesehen habe, war für mich gleich klar: Da muss ich hin!
Für Beeke und mich hieß das also, dass wir auf dem Weg von Tioman Island Richtung Norden noch einen Zwischenstopp einlegen mussten. Das gute daran war, dass wir sowieso über KL fahren mussten und die Hostels dort wirklich unschlagbar günstig sind, das ganze war also kein Problem. So sind wir am Donnerstag früh morgens um 05:30 Uhr aufgestanden um die Fähre zu bekommen, haben uns auf dem Festland gleich den nächsten Bus gesucht und waren am Abend bereits in KL, wo wir ein Hostel für jeweils 4,6 Euro pro Nacht gefunden haben.
Das zweite Mal dort hat sich für mich, Beeke, ein bisschen angefühlt wie nach Hause kommen. Diese Stadt ist schon nach dieser einen Woche am Anfang der Reise eine meiner Lieblingsstädte und ich habe es außerdem sehr genossen U-Bahn Stationen, Straßen und Gebäude wiederzuerkennen. Auch die Anonymität einer Großstadt habe ich vermisst. Ich habe grundsätzlich nichts dagegen von den Kellnern irgendwann erkannt zu werden, wie es auf Tioman der Fall war. Aber manchmal ist es auch schön einfach eine Fremde zu sein!
Am Donnerstag, dem 31. Oktober, sind wir nachmittags in unserem Hostel angekommen. Doch dort haben wir nicht viel Zeit verbracht. Denn während in Deutschland Halloween und der Reformationstag gefeiert wurde, war in Südostasien Deepavali. Dieses Fest, auch Diwali genannt, ist das hinduistische Lichterfest und ist immer zu einer ähnlichen Zeit im Jahr.
Wir haben uns also auf nach Little India, einem Stadtteil von KL, aufgemacht, denn dort wird das Fest besonders gefeiert. Ich habe eigentlich nur leuchtende Lampions und vielleicht Wunderkerzen erwartet. Beides gab es auch viel, aber die Hauptattraktion waren die Feuerwerke! Wir sind einfach durch die Straßen gelaufen und sind dem Knallen und den bunten Lichtern gefolgt, Feuerwerke sind ja recht schlecht zu übersehen. Dabei sind wir in einer scheinbar normalen Straße angekommen. Links und rechts waren Stände mit Obst, Fruchtsaft und anderen Kleinigkeiten. In der Mitte sind Autos durchgefahren, was für uns ein echter Schock war, denn sie sind dabei mitten durch die Feuerwerke gefahren! Die Menschen haben sie einfach zwischendurch durch die Feuerwerksreste gewunken und die Autos haben sich von dem ganzen Trubel herum nicht beirren lassen. Aber auch die Menschen selbst waren deutlich waghalsiger, als ich es aus Deutschland gewohnt bin. Ein Sicherheitsabstand zu den brennenden und knallenden Objekten war nicht vorhanden – teilweise wurden sie einfach in der Hand gehalten und erst im letzten Moment losgelassen.
Obwohl das aus unserer Perspektive ziemlich ungewöhnlich war, habe ich die Stimmung dort sehr genossen. Alle waren in ausgelassener Stimmung und häufig auch sehr festlich gekleidet. Wir standen also einfach am Straßenrand und haben das Treiben um uns herum beobachtet.
Das Fest wurde nicht nur in dieser Straße gefeiert, deshalb gab es auch in den Nebenstraßen, im gesamten Viertel viel zu sehen. Riesige Stände mit Unmengen an Feuerwerkskörpern, Früchte, mir völlig unbekanntes Essen in durchsichtigen Dosen, Kleidung, Blumengirlanden, Henna-Tattoos und vieles mehr! Die positive und freundliche Stimmung überall hat den ganzen Abend perfekt gemacht. Ein ganzes Viertel, was gemeinsam feiert. Für mich war es ein bisschen wie eine Mischung aus Silvester (viel Feuerwerk und Lichter überall) und Weihnachten (die feierliche Stimmung und das Gemeinschaftsgefühl bei allen). Es war wirklich eine spannende Erfahrung hier dabei gewesen zu sein!

Freitag, der 01. November
Eine der tollen Dinge an diesem Rennevent war, dass am Freitag der Eintritt für alle Ränge kostenlos war. Ich habe Beeke also überzeugen können, mit zum Racetrack zu kommen und den Motorradfahrern beim Trainieren zuzusehen. Nach etwas über einer Stunde Busfahrt waren wir dann schon am Track und waren beide gleichermaßen überwältigt wie riesig das Gelände war. Eine Runde auf dem „Sepang International Circuit“ misst 5,4 Kilometer, inklusive X Rechts- und X Linkskurven. Um einmal um das Gelände herumzufahren, was auch noch Zuschauertribünen, Rettungsteams und die Zentrale beherbergt, braucht der Bus etwa 20 Minuten.
Direkt hinter dem großem Haupteingang wurden wir von etlichen Werbezelten begrüßt. Alle davon hatten in irgendeiner Form mit dem Rennen zu tun, seien es Motorradfirmen (Ducati, Yamaha, …), Reifen- oder Ölhersteller(Michelin, ÖL??, …) oder Getränkemarken (Red Bull, Monster Energy, …) die als Sponsoren dabei waren. Ausgestellt in den jeweiligen Zelten waren dabei zum Beispiel etliche Motorräder, Werbeautos, Simulatoren, Uhren oder Kameras. Im Laufe des Tages haben wir natürlich den Großteil der Zelte besucht, teilweise aus Interesse, teilweise um den Schatten und die kühle Luft zu genießen. Bei Monster Energy bekamen wir gleich zwei Mal jeweils kostenfreie Getränke, was für uns natürlich großartig war.

Der beeindruckendste Moment des ganzen Wochenendes kam aber gleich hinter den ganzen Werbezelten. Nach einer kleinen Sicherheitskontrolle ging es nämlich zur richtigen Tribüne und als wir ankamen, war bereits die MotoGP am trainieren. Als Hintergrundinformation zur Rennstrecke: der letzte Abschnitt des Tracks besteht aus zwei langen Geraden, getrennt von einer 180° Kurve. Diese beiden Gerade führen jeweils Links und Rechts an der Haupttribüne vorbei, sodass die Start- und Ziellinie auf der Hälfte der zweiten Gerade ist. Für die Motorradfahrer sind diese beiden Abschnitte die, in denen sie am meisten Geschwindigkeit aufbauen können, bevor sie wieder in die Kurven starten. Ein Nebeneffekt davon ist, dass die Motorräder an genau diesen Stellen am meisten leisten müssen und dementsprechend auch mit Abstand am lautesten sind. Und genau das war der Punkt, der uns so beeindruckt hat: Die Lautstärke!
Gleich nachdem die Fahrer das erste Mal an uns vorbeigerast sind war unsere erste Reaktion, wieder umzudrehen und nach Ohrstöpseln zu suchen. Ich hatte zwar welche mit, die lagen aber natürlich in meinem Rucksack im Hostel, weil ich niemals erwartet hätte, dass die Motorräder so laut sind. Nach einigem Suchen und Schrecken vor den völlig überteuerten Preisen haben wir uns dazu entschieden, meine In-Ear Kopfhörer als Ersatz zu nehmen und immer abwechselnd zu tragen. Und so ging es runter zum Track.
(Als Ergänzung zum „abwechselnd tragen“: Thies war die Definition eines Gentleman und hat sie mir fast die gesamte Zeit überlassen. Nur, wenn er zwischendurch nah beim Track fotografieren wollte, haben wir kurz getauscht. Dieses Opfer seiner Ohren und Fähigkeit zu hören muss hier kurz gewürdigt werden. Dankeschön! <3)
Nur ca. 10 Meter vor einem selbst war die Mitte der Bahn, die Motorräder also auch genauso nah dran und solche Geschwindigkeiten direkt vor einem selbst zu sehen, war unfassbar. An der schnellsten Stelle der Geraden erreichen die Fahrer der MotoGP ungefähr 330 km/h. Auf einem Motorrad. Wie krass? Abgesehen von der Lautstärke und der Hitze waren wir also auch nichts anderes als beeindruckt, haben eine Weile an der Tribüne gestanden und beim Training zugesehen. Im Laufe des Tages waren wir dann noch bei den anderen Plätzen der Haupttribüne, die sich auf der gegenüberliegenden Seite (also bei der zweiten, genauso schnellen Geraden) und in der Verbindungskurve befanden. Von dort konnte man auch einen großen Teil des restlichen Tracks sehen, aber längst noch nicht alles.

Nachdem wir am Abend den Weg zurück zum Hostel zurückgefunden hatten, wahrscheinlich beide mit einem ordentlichen Hörschaden, habe ich mich schnell ins Bett begeben, denn am nächsten Morgen ging es für mich alleine weiter.
Am Freitag Abend gab es anlässlich Deepavalis ein gemeinsames Abendessen im Hostel. Die optimale Gelegenheit um Menschen kennenzulernen! Bisher haben wir die Menschen nur beim Vorbeigehen kurz gegrüßt und hatten sonst nicht viel Zeit für neue Bekanntschaften. Das Hostel war online schon als sehr sozial und offen beschrieben worden. Entsprechend einfach war es dann auch mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Ich habe lange mit einem Algerier gesprochen und wir haben uns über unser Leben in unterschiedlichen Ländern ausgetauscht. Er war wirklich ziemlich nett, hat nur irgendwann angefangen positive Kommentare über Hitler zu machen. Hier im Ausland will ich mich zu Politik am besten gar nicht äußern und etwas positives über Hitler zu sagen liegt mir auch sehr fern,das war für uns also der Zeitpunkt erstmal raus zu gehen und die Umgebung des Hostels zu erkunden. Während ich in meinem Politik-Dilemma war, wurde Thies Ecstasy angeboten. Wir hatten zwar vorher schon gesehen, dass viele im Hostel Zigaretten und auch Gras rauchen, das hat mich trotzdem ziemlich perplex gemacht! Auch in den nächsten Tagen, als Thies weg war und ich alleine im Hostel, wurden mir zwischendurch unterschiedliche Drogen angeboten, die ich nicht mal alle zuordnen konnte. Wir waren uns vorher nicht darüber bewusst, dass das Hostel so offen in Bezug auf Drogen ist, deshalb war es für uns eine ziemliche Überraschung. Allerdings waren die Menschen alle sehr freundlich und haben auch nicht versucht mich zu überzeugen mit ihnen zu rauchen, sondern haben meine Antwort immer akzeptiert. Sie waren auch sonst immer sehr interessiert und offen. In der Zeit, wo Thies bei der Moto GP war, hatte ich immer einen Gesprächspartner, wenn mir danach war (häufig aber auch, wenn mir nicht danach war..) Mir persönlich war das Hostel fast schon zu aufgeschlossen und sozial, manchmal brauche ich auch etwas Ruhe und Zeit für mich, das ist bei so vielen gesprächsfreudigen Menschen nicht immer gut umsetzbar. Für mich war dieses erste mal in einem Hostel auf jeden Fall eine Erfahrung und auch wenn wir ab jetzt erstmal wieder in Einzelzimmern sind, bin ich schon gespannt auf das nächste Mehrbettzimmer!
Samstag, der 02. November
Die Eintrittstickets waren nur für den Freitag kostenlos, also war ich am Samstag schon alleine auf dem Weg zur Strecke. Dass Beeke nicht mitgekommen ist, ist auch sehr verständlich denn im Endeffekt hat sich ab diesem Punkt auch alles nur wiederholt: Runde nach Runde nach Runde übten die Fahrer immer weiter, um die beste Rundenzeit zu erzielen.
Ich habe die Zeit hauptsächlich mit Lesen in dem botanischen Garten verbracht. Dieser riesige Park beeindruckt mich immer wieder aufs neue. So einen stillen und ruhigen Ort mitten in einer Großstadt zu finden ist einfach wunderschön! Also saß ich einfach auf einer Bank, habe das gute Wetter genossen und gelesen. Traumhaft!
Trotzdem sollte der Tag für mich spannend werden, denn noch im Bus zum Track traf ich auf Ian. Ian ist 64, lebt seit 18 Jahren in Thailand und war auch schon 18 Mal zur MotoGP in Malaysia um die Rennen mitzuverfolgen. Ursprünglich kommt er aus der UK und war sogar selbst einmal für kurze Zeit Motorradrennfahrer, er kennt sich also perfekt aus mit allen Fahrern, Ligen, Motorrädern und Szenarien die so vorkamen am Rennwochenende.

Mit ihm zusammen habe ich den Weg zu meiner Tribüne bekommen, die genau auf der anderen Seite der Strecke lag – ich hatte also immernoch Aussicht auf die beiden Geraden und einige Kurven, dafür war der Lärm wenigstens etwas weiter weg. Dazu habe ich diesmal natürlich auch an meiner Ohrstöpsel gedacht, womit die Trainings-sessions dann wirklich ertragbar waren. Ian war nicht nur super um mich mit ihm über seine Vergangenheit und meine Zukunft zu unterhalten, sondern auch um alle Fragen zu den Rennen zu stellen, die ich so hatte. Ich konnte mich also ausführlich über die Fahrer informieren, alles zu der Fahrweise der Fahrer erfragen und mich somit perfekt auf das Rennen am nächsten Tag vorzubereiten. Denn am
Sonntag, dem 03. November
War es schon so weit. Wieder fuhr ich morgens alleine zum Track, diesmal leider ohne Ian. Denn am Renntag, auf den die Fahrer jetzt schon seit zwei Tagen hin trainierten, waren die Tribünen voll. Und leider waren es nicht nur die Tribünen, sondern auch die Straßen. Meine Busfahrten dauerten beide jeweils doppelt so lang wie an den Tagen zuvor, was bei einer normalen Fahrt über einer Stunde Dauer leider schon einen Unterschied gemacht hat. Somit hatte ich keine Chance, Ian wiederzutreffen und verbrachte den Vormittag diesmal alleine. Und auch wenn die Rennen selbst hier eigentlich am spannendsten gewesen sein hätten sollen, war ich schon gar nicht mal mehr so beeindruckt. Wahrscheinlich liegt das daran, dass ich mich vorher kaum über die Fahrer informiert habe und durch Ian zwar wusste, wer wie viele Punkte hat und wer den Sieg denn verdienen würde und wer nicht, aber im Endeffekt hatte ich keine Ahnung, wer dort wirklich auf den Motorrädern war. Trotzdem habe ich natürlich mit den anderen Fans um mich herum mitgefeiert, bei allem was passiert ist. Vor allem der Kamera-Helikopter, der den ganzen Tag über der Strecke seine Runden gedreht hat, fand ich absolut beeindruckend, aber auch die Fahrer tatsächlich nochmal in Topform zu sehen war schon cool. Innerhalb der drei Rennen, die an dem Tag stattfunden, wurde unter anderem eine neue Rekordzeit für Motorräder am Sepang International Circuit aufgestellt. Diese liegt bei einer Minute und 56,337 Sekunden, was absolut bemerkenswert ist, aber unter uns… Ist es auch nur wenige Millisekunden schneller als der vorherige Rekord.

Gleich zu Beginn des wichtigsten Rennens, dem der MotoGP-Fahrern, gab es bereits in der dritten Kurve einen großen Crash. Kleine Crashes waren normal und fanden am Wochenende dauernd statt, meistens verloren Fahrer in den Kurver das Gleichgewicht und rutschten gemütlich mit 40 km/h auf den Sand. Diesmal aber sind gleich mehrere Fahrer aktiv zusammengestoßen und haben noch mehr Motorräder mitgerissen, sodass das Rennen noch in der ersten Runde abgebrochen werden musste. Zwei der Fahrer wurden ins Krankenhaus transportiert und die Arbeiter am Rand der Strecke mussten erst einmal dafür sorgen, dass die ganzen Motorradteile rechtzeitig von der Strecke befördert werden.
Nach 20 Minuten wurde das Rennen aber neu gestartet und später war zum Glück auch klar, dass den beiden Fahrern nichts ernsthaftes passiert ist. Das Rennen lief danach unspektakulär, die zwei Top-Positionen haben dauerhaft um den ersten Platz gekämpft und am Ende hat der Fan-Favorit sogar gewonnen.
Am Ende hat es sich für mich total gelohnt, diese Event-Karten zu kaufen und mein Wochenende in das Rennen zu investieren, denn so eine Erfahrung werde ich so bald nicht wieder machen können. Irgendwann steht hoffentlich noch die Formel 1 an, aber das ergibt sich wenn dann von selbst. Das MotoGP-Rennen in Malaysia war damit vorbei und für Beeke und mich ging es am nächsten Tag wieder zusammen weiter zu einem der magischsten Orte, an dem wir jemals waren. Doch dazu, wie immer, mehr im nächsten Beitrag.
Bis dahin!

Laut, rasant, bunt, voller Menschen – was für ein irrer Kontrast zu Tioman Island! Es wirkt, als hättet Ihr es genossen… Super!
Vielen Dank dass ihr eure Reiseerlebnisse hier teilt. Passt gut auf euch auf!
LG
Malte
❤️