Nara – die höflichsten Rehe der Welt!

Heute, am 24.02.25, stand eine Tagestour nach Nara an. Die Stadt ist die Hauptstadt der gleichnamigen Präfektur, welche östlich der Osaka-Präfektur liegt. (Japan ist in 47 Präfekturen unterteilt). Mit der Bahn kommt man von Osaka innerhalb von einer Stunde zum Nara-Park, der Hauptattraktion der Stadt.

Wir haben uns um 12:30 dort mit Jennie getroffen und sind erstmal über einen Sandweg zu einer großen Schrein-Anlage gelaufen. Der Weg war von Bäumen umgeben und dahinter war eine große Wiesenfläche. Unsere Aufmerksamkeit lag jedoch nicht auf dem anstehenden Schrein, sondern auf den tierischen Weggefährten. Denn überall waren dort Rehe! Sie sind frei über das gesamte Gelände gelaufen und hatten überhaupt keine Angst vor den vielen Besuchern. Es gab mehrere Stände, wo man Reiskekse für die zutraulichen Tiere kaufen konnte. Das haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen und wurden sofort interessiert von einigen Tieren beobachtet. Sie haben sich problemlos füttern lassen und waren dabei meistens auch recht sanft. Allerdings konnte man gut beobachten, dass sie genau wussten, bei wem sie wie weit gehen können. Thies und ich sind beide den Umgang mit großen Hunden (meine Familie hat eine Schäferhund-Mischlings-Hündin) gewohnt, was uns scheinbar einen großen Vorteil verschafft hat. Natürlich hatten wir auch den nötigen Respekt vor den Tieren, aber wir haben uns nicht einschüchtern lassen. Damit hatten andere Besucher deutlich mehr Probleme. Im Verlauf des Tages haben wir mehrere Menschen gesehen, die die ganze Packung Reiskekse einfach auf den Boden geschmissen haben, von einem der Rehe unsanft angestoßen wurden oder sogar vor einem weggelaufen sind. Bei uns waren sie alle relativ freundlich oder haben sich zumindest nicht groß „daneben benommen“ (es sind immer noch Wildtiere, auch wenn man es bei so viel Zutraulichkeit manchmal vergisst). Das besondere an diesen Rehen war neben ihrer Offenheit für Menschen aber noch eine andere Tatsache. Sie haben sich vor den umstehenden Menschen verbeugt! Ich habe keine Ahnung, ob sie sich das von den Japanern abgeschaut haben, ob es ihnen jemand beigebracht hat (wenn das überhaupt möglich ist) oder ob sie einfach bemerkt haben, dass sie dann mehr Futter bekommen. Es ist auf jeden Fall sehr cool! Manche machen es einfach von sich aus, andere wenn sie Futter sehen und die einige „antworten“ sogar, wenn man sich vor ihnen verbeugt! Rehe sind schon sehr schlaue und schöne Wesen!

Ein Reh verbeugt sich für Futter

Der Weg zum großen Schrein war auf beiden Seiten mit vielen alten Stein-Laternen. Diese wurden von Gläubigen seit vielen Jahrhunderten als Spenden für den Schrein dorthin gestellt. Dabei variieren sie stark in ihrer Größe, Form und auch in ihrem Alter. Manche kommen aus den letzten paar Jahren, manche sind viele hundert Jahre alt. Der Schrein selbst wurde im Jahr 768 n. Chr. gegründet und auch ein paar der ältesten Laternen sollten aus der Zeit kommen. Sehr beeindruckend!

Ein Reh auf dem „Pfad der Götter“

Am Gebäude angekommen haben Thies und ich uns zwei Miniatur-Rehe gekauft. Diese kleinen Tiere hatten je einen Zettel mit Vorhersagen für das nächste Jahr vor sich. Es ist zwar schon Ende Februar, aber besser spät als nie! Abgesehen davon, dass Thies angeblich schwer erkranken soll und ich eine sehr schwere Geburt haben werde, waren sie gar nicht so schlecht. Mal sehen, wie wir am Ende des Jahres auf all diese Vorhersagen zurückblicken werden!

Nach diesem Tempelbesuch hat sich der leichte Schneefall, der uns die ganze Zeit schon begleitet hat, zu Schneeregen verändert. Wir haben uns für eine halbe Stunde in ein kleines Café gesetzt, heißen Tee getrunken und süße Rote-Bohnen-Suppe gegessen.

Gestärkt ging es dann weiter zu einem der größten Holztempel Japans. Das riesige Hauptgebäude wurde 752 gebaut, ist allerdings mehrmals ganz oder teilweise abgebrannt. Im Jahr 1692 musste er komplett neu aufgebaut wurden. Obwohl sie ihn damals nur zu zwei Drittel seiner ursprünglichen Größe gebaut haben, ist er heutzutage immer noch unfassbar riesig!

Riesiger Tempel in Nara

Wir haben es leider verpasst das Innere der Anlage zu besuchen, weil unsere Suche nach einem Geldautomaten zu lange gedauert hat. Was die elektronische Zahlung angeht, ist Japan leider nicht wirklich weiter als Deutschland. Aber auch von außen war es schon beeindruckend und so haben wir noch etwas, was wir bei unserm nächsten Besuch in Japan besichtigen können. Dafür haben wir die letzten Sonnenstrahlen damit verbracht die Rehe zu füttern. Ein paar haben sich dabei sogar streicheln lassen, damit hätte ich wirklich nicht gerechnet! Ich habe mich wie Schneewittchen persönlich gefühlt. Aber bei dem Futter würde ich auch so reagieren, es hat sogar mir geschmeckt!

Als es dunkel wurde ging es zurück nach Osaka, ein weiterer erinnerungsreicher Tag liegt nun hinter uns. Dieser Tag war sowohl ein kulturelles als auch ein ungewöhnliches Highlight, wann kann man sonst Rehe streicheln?