Northland – Der Herr des Waldes
02.07.
Nachdem wir den nördlichsten Punkt Neuseelands hinter uns gelassen hatten, haben wir wieder Auckland angesteuert. Dort wollten wir uns von David und Janneke verabschieden, deren Zeit in Neuseeland bald zu Ende sein würde. Da wir die Ostküste hochgefahren waren, wollten wir die Westküste zurückfahren, was deutlich schneller gehen sollte. Die Westküste Northlands ist zwar auch sehr schön, aber vor allem deutlich leerer und naturbelassener als die andere Seite. Außerdem gab es dort deutlich weniger kostenlose Stellplätze, uns blieb dementsprechend auch nicht viel anderes übrig, als bei der Rücktour mehr Strecke an einem Tag hinter uns zu bringen.
Am Nachmittag, nachdem wir Peters Auto aus dem Sand befreit hatten, sind wir noch etwa 2.5 Stunden südlich zu einem Stellplatz im kleinen Dorf Ōhaeawai gefahren. Der Tag war wirklich perfekt um etwas Strecke zu machen, denn es hat die ganze Zeit geregnet und gewindet. Wir haben auf dem Weg nur einen Umweg zu einem Aussichtspunkt gemacht, der ganz im Süden des 90 Mile Beach lag. Von dort konnten wir sehen, wie sich der lange Strand bis in die nicht mehr sichtbare Ferne erstreckte. Bei besserem Wetter hätte man vermutlich noch deutlich weiter sehen können, aber auch dieses Wetter gehört natürlich zu Neuseeland. An die schnellen Wetterwechsel und schnell heran- und wegziehenden Regengüsse haben wir uns mittlerweile längst gewöhnt.

03.07.
Auch am nächsten Tag sind wir nochmal drei Stunden Auto gefahren und sind am Abend so schon in Whangārei angekommen. Das Highlight des Tages war Tāne Muhata, auch genannt „Lord of the Forest“. Dabei handelt es sich um einen Baum, genauer gesagt einen Kauri. Diese Baumart wächst ausschließlich und ist hier besonders geschützt. Vor der Ankunft der Māori und lange vor der Ankunft der europäischen Siedler waren große Flächen der Nordinsel von Wäldern dieser einzigartigen Baumart bewachsen. Durch Abholzung wurde die Zahl dieser heimischen Bäume stark dezimiert, doch die größte Gefahr ist heutzutage eine bestimmte Pilzart, die die Wurzeln befällt und so den ganzen Baum und im schlimmsten Fall ganze Wälder vernichten kann. Um das sogenannte „Kauri Dieback“, also Kauri-Sterben zu verhindern stehen an den Eingängen zu vielen Wäldern große Tanks mit Desinfektionsmittel, das man beim Betreten der geschützten Gebiete auf seine Schuhe sprühen soll. Wir sind schon häufiger über diese Stationen gestoßen und haben sie natürlich gründlich genutzt, immerhin wollen wir ja auf keinen Fall diesen schädlichen Pilz in die Wälder tragen!
So, zurück zu Tane Muhata! Dieser besondere Baum ist mit einem geschätzten Alter von 1500-2000 Jahren der älteste bekannte Kauri Baum. Außerdem ist er mit über 50 Metern Gesamthöhe auch der höchste Baum dieser Art und er hat sogar das fünftgrößte Volumen aller Bäume weltweit! Ihr könnt euch also vielleicht ansatzweise vorstellen, wie unfassbar riesig dieser Baumriese ist. Wir hatten sehr Glück, dass wir ihn noch sehen konnten, weil der Zugang zu ihm täglich ab 15 Uhr gesperrt wird. Aufgrund seiner großen Bedeutung für die Māori und als geschützte Attraktion stehen tagsüber immer zwei Wächter am Eingang zu dem kleinen Weg, die jeden Besucher dazu anhalten sich die Schuhe zu desinfizieren und aufpassen, dass niemand den Weg verlässt. Wir sind erst kurz vorher angekommen und wurden als letzte Besucher des Tages noch hereingelassen. Deshalb hatten wir leider nicht so viel Zeit, um diesen riesigen Baum zu bewundern, aber bei dem starken Regen hätten wir vermutlich ohnehin nicht allzu lange dort stehen wollen. Als wir endlich vor dem riesigen Kauri standen, konnte ich einfach nicht glauben, dass es sich dabei wirklich um eine Pflanze handelt! Dieser Baum hat schon so viele Jahrhunderte erlebt, in seiner Lebensgeschichte ist mein ganzes bisheriges Leben vermutlich nicht mehr als Wimpernschlag. Ich bin wirklich dankbar, dass wir dieses gigantische Wesen besuchen konnten und ich wünsche dem Herren des Waldes noch viele weitere Jahrzehnte! Wegen des Regens haben wir uns dagegen entschieden noch andere berühmte Kauri-Bäume zu besichtigen, aber die Straße durch den Wald selbst war schon sehr schön.

Bei dem schlechten Wetter hat sich für mich etwas anderes sehr angeboten: ein neues Hobby ausprobieren! Ich habe mir als auf der langen Fahrt selbst beigebracht zu Stricken und habe in den nächsten Tagen tatsächlich schon meinen ersten Schal fertig gestrickt. Handarbeiten sind als Freizeitbeschäftigung im Auto wirklich super, weil wir natürlich mit begrenztem Strom arbeiten müssen. Wenn der Handyakku dann leer ist, kann man auch nicht mehr lesen, Serien gucken oder Podcast hören. Da hat Stricken natürlich einen großen Vorteil! Ich dachte immer, dass es schwieriger wäre als Häkeln, aber ich habe es doch recht schnell gelernt und es hat auf jeden Fall sehr Spaß gemacht!

Am Abend auf dem Stellplatz ein kleines Stück südlich von Whangārei haben wir zufälligerweise noch die beiden Franzosen mit der kaputten Heckklappe wieder getroffen. Es ist wirklich lustig, dass man in einem Land von der Größe Neuseelands doch immer mal wieder zufällig auf bekannte Gesichter trifft! Gerade im Winter gibt es eben doch nicht sooo viele Camper und viele davon haben relativ ähnliche Routen, wirklich lustig!
04.07.
Wir hatten uns zwar schon gedacht, dass die Rückfahrt schnell gehen würde, aber wir haben uns doch ein bisschen selbst überrascht. Nach einem gemütlichen Frühstück auf einer Parkbank sind wir ungefähr 1.5 Stunden weiter nach Süden gefahren. Wir haben die Nacht wieder bei Port Albert verbracht, wo wir auch schon auf dem Weg nach Norden geschlafen hatten, und waren damit nur noch eine Stunde von Auckland entfernt. Abends haben wir dann endlich unseren Aufenthalt im Hostel gebucht und konnten unseren Freunden sagen, wann wir ankommen würden.
05.06.
Dies war der letzte Tag, bevor wir Auckland erreichen würden! Wir sind das letzte Stück zum ersten kostenlosen Stellplatz nördlich von Auckland gefahren, an dem wir auch den gesamten Auto-Umbau hinter uns gebracht hatten. Wir hatten nachmittags noch etwas Zeit und sind deshalb nochmal zu Bunnings, also ins Bauhaus, gefahren, um eine nervige Kleinigkeit am Auto zu entfernen. Unter dem Lenkrad, direkt auf Thies‘ Kniehöhe befand sich ein Plastikteil, vermutlich eine abgebrochene Becherhalterung. Wir haben dafür endlich einen Schraubenschlüssel gekauft, um das nervige Teil abzuschrauben, was Thies beim Fahren immer ins Knie gepikst hat (mich hat es nie gestört, es hat durchaus auch Vorteile etwas kleiner zu sein!). Das war wohl die spannendste Aktion des Tages, es ist also wirklich nicht viel passiert.
06.07.
Am nächsten Morgen war es endlich soweit! Wir konnten die letzte halbe Stunden nach Auckland reinfahren. Wir haben eine halbe Zugstunde nördlich von der Innenstadt auf einem kostenlosen Parkplatz geparkt. Dann haben wir meinen Rucksack aus der großen Klappe des Autos rausgeholt, unsere Sachen gepackt und haben dann unser neues Zuhause das erste Mal seit wir es gekauft haben für mehrere Tage wieder verlassen. Nach diesen zweieinhalb Wochen hat sich das ursprünglich fremde Auto noch viel mehr nach unserem Auto angefühlt. Der Alltag war mittlerweile echt eingespielt und wir waren beide sehr froh das Land auf diese Art und Weise erkunden zu können.

Aber bevor wir den Rest Neuseelands besuchen würden, lag noch eine letzte tolle Woche mit zwei ganz besonderen (leicht Doppelkopf-süchtigen) Menschen vor uns!
Was für ein Glück, dass Ihr jetzt so oft Artikel veröffentlicht. Es ist einfach wunderbar, Euch auf diese Art und Weise auf der Reise begleiten zu dürfen. Und Beeke, ich bin beeindruckt von Deinen selbst erarbeiteten Strickkünsten!
Nach zwei Wochen Urlaub im Baltikum (da gibt es auch Dünen, die höchste Eurpopas 67 m auf der kurischen Nehrung 😉 war ich sehr gespannt auf Eure Berichte! Die sind wieder toll geschrieben und wirklich spannend. Cape Reigna und den 90 miles beach kenne ich auch , vor mehr als 20 Jahren hatten die Touris Plastiktüten, um die Dünen herunterzurutschen. Weiterhin tolle Erlebnisse!!