Northland – Der Roadtrip beginnt
Unsere ersten Nächte im Auto waren bereits überstanden. Zugegebenermaßen haben wir sogar richtig gut geschlafen – klar, die Matratze ist etwas dünn und der Platz ist einfach ein wenig eingegrenzter als sonst – aber die Nächte waren wirklich aushaltbar!
Jetzt hieß es für uns also endlich ein bisschen zu fahren. Unser erstes Ziel waren die sogenannten „Northlands“. Das ist der Bereich, der oberhalb von Auckland liegt. Innerhalb von etwa zwei Wochen wollten wir die Northlands einmal komplett abfahren, von Auckland an der Ostseite entlang bis zum „Cape Reinga“, dem nördlichsten Punkt Neuseelands und danach an der gegenüberliegenden Küste zurück nach Süden.
Dabei sind uns gleich zu Beginn des Autofahrens so einige Dinge über den Neuseeländischen Verkehr aufgefallen. Zum einen fährt man natürlich auf der linken Straßenseite, aber das waren wir ja schon aus Südostasien gewöhnt. Hier sind die Straßen zwar oft kurviger und schmaler, aber so viel wussten wir auch schon vorher. Was wir nicht wussten war, dass der Großteil der Autofahrer in Neuseeland nicht besonders rücksichtsvoll oder vorsichtig ist. Oder gefahrenbewusst. Oder freundlich.
Auf vielen der kleinen und engen Landstraßen ist Tempo 100, dafür steht an vielen Kurven einzeln dran, welche Geschwindigkeit für die Kurve empfohlen ist. Das ist keine Begrenzung, aber in den allermeisten Szenarien ist diese Empfehlung auch das einzige, was Sinn macht. Dabei können diese Empfehlungen bis auf 25 km/h runter gehen, obwohl die Straße noch immer auf 100 km/h begrenzt ist. Während wir uns weitestgehend an diese Empfehlungen halten (was definitiv die sinnvolle Entscheidung für das Wohlergehen unserer Küche ist, die sich sonst lautstark zurückmeldet falls wir zu schnell durch Kurven fahren), tun das die Neuseeländer eher selten. Bei auch nur wenigen km/h unter der Geschwindigkeitsbegrenzung wird dicht aufgefahren, manchmal sogar Lichthupe gegeben und an Stellen überholt, die ganze sicher nicht dafür ausgelegt sind. Solche Manöver kennen wir zwar auch schon aus Südostasien, hier ist es aber trotzdem etwas anderes. In Südostasien existieren im Straßenverkehr virtuell keine Regeln, dementsprechend erwartet man das Schlimmste. In Neuseeland, einem sonst so zivilisierten Land, wäre ich davon ausgegangen, dass die ausgelegten Regeln auch tatsächlich befolgt werden. Umso überraschter ist man dann doch, wenn man in einer Kurve, die auf 55 km/h ausgelegt ist, durch die man mit 70 km/h fährt, immernoch mit 100 km/h überholt wird!
Außerdem hat es mich überrascht, wie viele Jeeps, Pickup-Trucks und generell große Autos hier fahren. Kaum jemand fährt Autos in der durchschnittlichen deutschen Größe und ich bin mir sicher, dass einige der hier gefahrenen Autos nicht einmal auf deutsche Straßen passen würden. Das ganze hat Ähnlichkeiten mit der USA, jedenfalls so wie ich es mir dort vorstelle. Das sieht man auch an den Straßen – denn viele Städte sind aufgebaut wie ein Schachbrett. Viele Kreuzungen sind im 90° Winkel gebaut und die Parkplätze an Supermärkten sind oft größer als der Supermarkt selbst. Außerdem, diesmal eher im Stil von Frankreich, lieben die Neuseeländer Kreisel. Ich bin mir sehr sicher, dass wir bisher durch mehr Kreisverkehre gefahren sind als über Ampeln.
Aber erstmal genug zu den örtlichen Straßen. Denn auch wenn die allerersten Fahrten ein bisschen herausfordernd waren, haben wir uns doch wirklich schnell eingefunden. Da unser Auto ein Automatik ist, haben wir nicht einmal Probleme mit dem Schalten und können so ziemlich sorgenfrei durch die Gegend fahren.
22.06.25
Unsere erste richtige Fahrt durch die Northlands, nachdem wir drei Tage lang unser Bett umgebaut hatten, ging zu Port Albert – einem kleinen, abgelegenen Stellplatz an der in der Mitte des Landes. Wir konnten uns mit unserem Auto fast direkt ans Wasser stellen und auf den naheliegenden Fluss gucken, der im Westen im Tasmanischen Meer mündete. Der Stellplatz war wirklich schön, kostenlos und auch nicht zu weit entfernt von der nächsten Zivilisation. Außerdem hatten wir Trinkwasser vor Ort, eine Toilette und sogar einen Spielplatz!

Aber leider gab es auch negative Punkte, wie die Kälte. Dadurch dass wir direkt am Wasser standen, war die Nacht im Vergleich zu den vorigen Nächten ganz schön kalt. Kalt genug, dass wir uns ziemlich schnell dazu entschlossen haben, die weiteren Nächte jeweils in Hoodie und Jogginghose zu schlafen. So war die Kälte dann deutlich aushaltbarer. Ein weiterer negativer Punkt, der uns an diesem Stellplatz erwartet hat war, dass wir überhaupt kein Internet hatten. Unsere mobilen Daten sind unbegrenzt, etwas anderes macht auch keinen Sinn. Ansonsten müssten wir auf öffentliches WLAN hoffen und das ist keine gute Idee. Bei unserem Stellplatz waren wir anscheinend aber weit genug außerhalb, dass unser Anbieter hier keine Abdeckung hatte.
Was im ersten Moment eher unschön wirkte, war im Endeffekt aber gar nicht so schlimm. Es hat dafür gesorgt, dass wir die Zeit an dem Stellplatz weniger am Handy verbracht haben, was sowieso nicht so schlecht ist. Außerdem wird es abends wirklich früh dunkel und damit kalt, früh schlafen mussten wir also sowieso.

23.06.25
Am nächsten Tag ging es weiter in Richtung Norden. Auf dem Weg dorthin wurde mir eine Sache bewusst: Beeke liebt Kühe. Und passenderweise gibt es in Neuseeland sehr sehr viele davon. So ist es mittlerweile etabliert, dass jedes Mal wenn Kühe auf den vielen Feldern und Wiesen stehen, ich von Beeke ein „KÜÜÜÜÜHEEEE!!!“ höre, was gefolgt ist von einem verliebten Blick aus dem Fenster. Dies passiert so häufig, dass es mittlerweile mehr ein Running Gag ist, weil wirklich überall neben den Straßen (oder hin und wieder auch auf den Straßen) Kühe stehen.

Nach vielen verliebten Blicken sind wir an dem nächsten spannenden Ort angekommen – Whangarei Heads. Hier haben wir uns einen Strand angeguckt, der wirklich traumhaft war. Wäre es nur nicht so kalt… Der Strand sieht so aus, als könnte man hier im Sommer wirklich gut baden gehen, aber aktuell ist einfach wirklich nicht so toll.
Hätte ich jetzt gesagt wäre ich alleine unterwegs.
Aber Beeke ist, selbst mit der eisigen Kälte und dem Wind, trotzdem baden gegangen. Mir war das ganze zu kalt, ich habe also den Handtuchhalter gespielt und dafür gesorgt, dass die Autolüftung schnellstmöglich auf der höchsten Stufe heizte, sobald wir zurück im Auto waren! Ich muss aber zugeben, ich hätte niemals erwartet, das Beeke es so lange im Wasser aushalten würde. Ihr baden war kein kurzes reinspringen und schnell ins Auto rennen – sie war um die fünf Minuten im Wasser! Das ganze ist natürlich nochmal extra besonders, wenn man bedenkt, dass das unser erster Strand am Pazifik war. Ich denke also, die Kälte wird es wert gewesen sein!

Nach einem kleinen Spaziergang über die nahe gelegenen Klippen sind wir auch schon weiter gefahren, diesmal in Richtung Landesinnere. Denn eigentlich wollten wir noch am selben Abend in eine Höhle rein gucken, die sogenannten „Waipu Caves“. Doch nach etwa 20 Minuten Fahrt über eine Schotterstraße begrüßte uns eine Vollsperrung, da die einzige Brücke restauriert wurde. Wir mussten also den gesamten Weg zurück fahren, außen um die kleine Bergregion herum und die Schotterstraße von der anderen Seite durch. Nach dieser extra-Tour war es mittlerweile schon dunkel und so entschieden wir uns dazu, die Höhle einfach am nächsten Tag anzugucken. Praktischerweise war direkt vor dem Höhleneingang ein ausgeschriebener Campingplatz, sodass wir einfach vor Ort stehen bleiben konnten.
Am Abend, beim Essen machen, ist uns aber doch noch etwas aufgefallen: Der Sternhimmel in Neuseeland ist wunderschön. Die Lichtverschmutzung ist hier kaum existent, was dafür sorgt, dass man viel mehr Sterne sehen kann, als in besiedelten Gebieten. Wir haben also noch eine ganze Weile vor dem Auto gestanden und in den Himmel gestarrt, wobei wir gleich ganz andere Sternbilder kennengelernt haben, als die, die wir aus Deutschland kennen. Auf der anderen Seite der Welt zu sein lohnt sich schon.

Am nächsten Morgen haben wir uns gleich nach dem Frühstück aufgemacht, um die Waipu Caves zu erkunden. Etwa 50 Meter von unserem Auto war der Eingang, der gleich mehrere Meter hoch und bestimmt 10 Meter breit war. Die Struktur verkleinerte sich auf den nächsten Metern aber etwas. Nach kurzer Zeit erreichten wir einen etwa knöchelhohen Fluss, der sich den Weg durch die Höhle bahnte. Wir mussten also unsere normalen Schuhe ausziehen und in Crocs und Flip Flops weiter durch die Höhle gehen. Die Höhle war übrigens nicht ausgebaut oder beleuchtet, sondern genauso gelassen, wie sie vorgefunden wurde. Wir waren also nicht in einem Park, sondern mitten in einem Wald, was die Atmosphäre natürlich gleich noch etwas besser machte.

Je tiefer wir in die Höhle vorgedrungen sind, desto dunkler wurde es. Außerdem wurde der Fluß immer matschiger, weswegen wir zeitweise auf den Rand ausweichen mussten. Der Rand der Röhrenförmigen Höhle war jedoch auch sehr rutschig und vor allem sehr uneben, wir sind also die meiste Zeit mehr durch die Höhle geklettert.

Und auch wenn der Weg so alleine schon cool war, wurden wir gegen Ende der Gänge noch einmal richtig belohnt. Denn als wir unsere Taschenlampen erst einmal ausgeschaltet hatten, konnten wir an der Höhlendecke etliche kleine, blaue Punkte erkennen: Glühwürmchen! Nicht die Glühwürmchen, die man von draußen kennt, sondern tatsächlich leuchtende Würmer. Auf englisch gibt es tatsächlich einen Unterschied zwischen den beiden Spezies (Fireflies / Glowworms), aber im Deutschen wohl nicht. So oder so war die Decke gefüllt von den kleinen, leuchtenden Wesen und so war das Ganze für uns noch umso mehr besonders, als wenn es nur die Höhle selbst gewesen wäre. In mehreren Kammern der Höhle war oft die gesamte Decke mit ihnen gefüllt, manchmal sogar noch die Wände. Je länger das Licht aus war, desto mehr hat man von den Würmern gesehen. Ein paar hingen sogar tief genug, um sie von nahem zu sehen – das war dann aber nicht mehr so schön. Es sind und bleiben halt Würmer. Trotzdem haben wir uns hier wirklich Zeit gelassen und die Höhle genossen, denn so etwas hatten wir wirklich noch nie zuvor gesehen! Solche Glowworm Caves gibt es in Neuseeland wohl häufiger, aber mit dieser Höhle haben wir uns eine richtig gute ausgesucht – denn wir waren fast die einzigen dort. Und auch wenn wir uns in der Zeit dort die Füße abgefroren haben, war diese Erfahrung doch wirklich besonders!

Das sieht echt aus wie in „Herr der Ringe“! Und beide „Sternenhimmel“ sind unglaublich!
Danke für den tollen Bericht!
Auenland, Hobbits (Glowworms), Gollum – fehlt nur noch das Böse (die Kälte?)… Respekt wegen Beekes Badeeinsatz! Auf die Caves bin ich neidisch!
Was ein toller Sternen- äh Glühwurmhimmel.
Sieht richtig schön aus!