Northland – Obi Wan Kiwi und Darth Possum
24.06.25
Der nächste Stop auf unserem Roadtrip durch die Northlands war tatsächlich ein Museum. Wir waren jetzt schon seit längerem in keinem Museum mehr, aber dieses hat uns dann doch sehr interessiert – es war nämlich ein Kiwi Museum! Kiwi kann in Neuseeland drei Dinge bedeuten:
1. Die Frucht.
In Neuseeland liegt das „Kiwi Capital of the World“, nämlich die Stadt Te Puke. Kiwis werden aber in vielen Orten im Land angebaut, was Neuseeland auch zu einem der wichtigsten Anbauländer der Frucht macht. Im Jahr 2023 hat Neuseeland über 500.000 Tonnen an Kiwifrüchten exportiert, wovon knapp 100.000 Tonnen alleine an Deutschland gingen – also fast 20%! In Neuseeland sind Kiwis jedenfalls total günstig und wirklich überall zu kaufen, was unseren Kiwi-Konsum jedenfalls anfangs auch in die Höhe getrieben hat.
2. Die Einwohner Neuseelands
Die Neuseeländer werden oft als Kiwis bezeichnet und bezeichnen sich auch selbst so. Dies liegt jedoch nicht an der Kiwifrucht, sondern ist als Spitzname schon im ersten Weltkrieg eingeführt worden. Von den Soldaten anderer Länder wurden die Neuseeländischen Soldaten oft als Kiwis bezeichnet – wie der Vogel.
3. Der Vogel
Der Kiwi-Vogel ist eine Vogelart, die ausschließlich in Neuseeland lebt. Sie sind stark vom Aussterben bedroht und das Land bemüht sich sehr, die Population aufrecht zu erhalten. Im Land gibt es einige Zuchten und vor kurzer Zeit wurde zum ersten Mal seit langem wieder ein Kiwi in freier Wildbahn entdeckt, der dort nicht gezüchtet wurde – es gibt also noch Hoffnung für die Art der Kiwis! Wenn man aber mal ganz ehrlich ist, erkennt man beim Anblick des Vogel auch schnell, wieso er vom Aussterben bedroht ist. Denn Kiwis sind Vögel, die nicht fliegen können, zu den schlecht sehendsten Vögeln der Welt zählen (sie sehen etwa nur 1-2 Meter weit) und dazu noch nicht einmal sonderlich schnell rennen können. Ihre Eier sind im Vergleich zu ihren Körpern unfassbar riesig, sodass die Eier bis zu 25% des Körpergewichts ausmachen können. Das ist, als würde eine Frau mit 60 Kg Körpergewicht ein 15 Kilogramm schweres Kind gebären.
Der einzige Grund, wieso Kiwis bis heute überlebt haben, ist ihr Umfeld. Denn Neuseeland ist ein Land, in dem fast gar keine Raubtiere leben. Die Kiwis mussten also nie groß Angst vor anderen Tieren haben.
In dem besagten Museum, in dem wir waren, haben wir all das gelernt. Das wahre Highlight war jedoch, tatsächlich selbst einen Kiwi zu sehen! Die Vögel sind nachtaktiv und extrem scheu, einen in der freien Natur zu sehen ist also extrem unwahrscheinlich. Doch in diesem Museum gab es auch einen Bereich, in dem Kiwis zur Zucht oder zum Aufpäppeln behalten werden. Und so standen wir in dem Museum eine ganze Weile vor einer Glasscheibe in einem sehr dunklen Raum und haben den schattenhaften Kiwi beobachtet, der zu unserem Glück sehr aktiv war und in seinem Gehege umhergelaufen ist.
Ich muss sagen, die Bilder von Kiwis zu sehen hätte mich niemals darauf vorbereiten können, wie lustig diese Vögel in echt aussehen. Ihre Körper sind einfach ein perfekt runder Ball – flauschig, etwa so groß wie ein Fußball oder etwas größer und wirklich unnatürlich rund. Wie sie es überhaupt schaffen, auf ihren beiden dünnen Stelzenbeinen nicht umzufallen, ist mir ein Rätsel. Auch der unproportional lange Schnabel des Kiwis macht das Bild nicht weniger lustig. Trotzdem war dieser kleine laufende Ball irgendwie süß und immerhin schneller als gedacht. Ich bin mir relativ sicher, dass er zu schnell ist, als dass ich ihn einfangen könnte – auch wenn das nicht heißt, dass es gegen die Geschwindigkeit von Fressfeinden ausreicht.
Auch wenn Kiwis damals keine natürlichen Feinde in Neuseeland hatten, ist das heutzutage anders. Die Hauptgegner der Kiwis sind zum einen natürlich der Mensch, dann vor allem Hunde und schlussendlich die Possums. Aber eins nach dem anderen. Für Menschen und Hunde stehen überall im Land Warnschilder. In Gebieten, in denen noch Kiwis leben, sind oft Straßenschilder aufgestellt die darauf aufmerksam machen sollen, dass Kiwis die Straße überqueren könnten. Diese Schilder scheinen nur leider nicht allzu viel zu helfen, denn auf den Neuseeländischen Straßen finden sich wirklich unangenehm viele tote Tiere wieder. Hauptsächlich Vögel und Possums, aber sicherlich auch der ein oder andere Kiwi.
Das gleiche gilt jedoch für Hunde, denn Hunde freilaufen zu lassen ist im Land nur ganz selten möglich. Anscheinend jagen und töten Hunde gerne Kiwis, weswegen die Regierung viel Wert darauf legt, die Hunde immer an Leinen halten zu lassen.
Der letzte und wichtigste Feind der Kiwis – und vieler weiterer Tierarten und ganz Neuseeland – ist das Possum. In dem Museum wurde uns von der Frau an der Rezeption erklärt, wieso das so ist und woher diese Gefahr überhaupt kommt. Anscheinend sind Possums irgendwann aus Australien über die Schifffahrt eingewandert und seitdem als absolute Plage im Land bekannt. Wir haben schon oft auf Wanderwegen oder einfach am Waldrand Fallen gesehen, die wohl überall im Land aufgestellt wurden um die Zahl der Possums zu begrenzen. In Neuseeland wird mittlerweile sehr viel dafür getan die Population der invasiven Spezies zu minimieren oder sogar ganz auszurotten. Beim Kaufen der Tickets wurden wir davor gewarnt, dass auf dem großen Außengelände an diesem Tag ein Kurs zu diesen Tieren stattfinden sollte. Wir haben zum Glück nichts davon mitbekommen, denn neben den Gefahren durch die Art sollte den Teilnehmern auch beigebracht werden, wie man Possums fangen, töten und häuten kann. Offenbar versucht die Regierung Privatpersonen zum Töten der Possums zu ermutigen, da man ihre Pelze verkaufen kann. Wir sind deshalb also nicht mehr ganz so traurig (laut der Frau an der Rezeption sollen wir uns freuen), wenn wir mal wieder ein totes Possum auf der Straße sehen. Gerade in ländlichen Regionen täglich vor, trotzdem gibt es immer noch so viele Possums, dass sie eine große Gefahr für die lokale Tierwelt darstellen. Sie sind zwar keine natürlichen Fressfeinde von Kiwis, bedienen sich dafür aber gerne an ihren Eiern und zerstören dabei die Nester. Das macht es für die Kiwis also nicht einfacher, die Population wieder ein wenig aufzubessern.
Im Museum gab es dann, neben den Kiwis, auch etwas über die Kultur der Māori. Leider war es gar nicht so einfach, die ganzen Informationen dort aufzunehmen, weil es hauptsächlich Ausstellungsstücke von alten Booten oder Werkzeugen waren, oder Texte mit ganz vielen Namen die ich nicht kannte. Trotzdem war es sehr schön, so viel über die Kiwis zu lernen und eben auch mal einen dieser flauschigen Fußbälle in Person zu sehen.
Draußen, auf dem Museumsgelände, gab es dann noch einen Garten, durch den wir eine Weile gelaufen sind. Zufällig sind wir dort auf ein Bird Sanctuary gestoßen, wo wir noch einige Tauben-Arten und ähnlich große Vögel sehen konnten. Viel interessanter war dann aber, dass auf der Terrasse eines nahestehenden Gebäudes, ein unglaublich riesiger Vogel saß. Ich bin mir sehr sicher, dass das der größte Vogel ist, den ich bisher gesehen habe. Wie wir aber von einem der Pfleger gelernt haben, war das nur ein Jungtier! Ich habe leider nicht verstanden, welche Vogelart das war. Anscheinend wurde er aber irgendwo auf dem Meer, Kilometer von der Küste entfernt, gefunden. Im Sanctuary wurde er dann wieder aufgepäppelt und wartet jetzt darauf, genug Kraft gesammelt zu haben um wieder in die freie Wildbahn entlassen werden zu können.
Nachdem wir das Museum erkundet und noch eine Weile mit der Frau an der Rezeption gesprochen haben, sind wir zurück in die Stadt Whangarei gefahren. Hier hat sich auch gleich einer der Vorteile gezeigt, den man mit einem Camper so hat. Denn unser Stellplatz für die Nacht war nur wenige Meter von einem Wasserfall entfernt und gleich neben unserem Auto war eine Aussichtsplattform. Zum Sonnenuntergang sind wir einen kleinen Wanderweg gegangen, der zuerst über den Fluss führte, und danach bis zum Fuße des Wasserfalls ging. So etwas genau vor der eigenen „Haustür“ (oder Autotür) zu haben ist schon ein Luxus. Die kostenlosen Stellplätze in Neuseeland haben in den allermeisten Fällen Toiletten in der Nähe und oft sogar Trinkwasser, das macht das Leben im Auto noch etwas einfacher.
25.06.25
Nachdem Beeke am nächsten Morgen noch einmal den kleinen Wanderweg längs gejoggt ist, haben wir uns auf den Weg gemacht zu einem weiteren kleinen Wanderweg – diesmal aber nicht an einem Wasserfall, sondern durch ein Waldgebiet. Besonders war hier, dass der Weg nicht unten über den Boden führte, sondern oben auf halbem Weg zu den Baumwipfeln. Um den Waldboden und vor allem die Bäume selbst zu schützen, wurde hier ein Holzweg gebaut, der einem den Wald mal aus einer anderen Perspektive sehen lassen konnte. Es war total schön durch den Wald laufen zu können, während man selbst ähnlich hoch ist wie die kleineren Bäume. Unter uns floss ein kleiner Fluss entlang und zu allen Seiten waren wir von großen (ziemlich großen!) Bäumen umgeben. Diese Baumart nennt sich Kauri und ist eine sehr besondere Art, die nur in Neuseeland wächst und durch Parasiten und Abholzung leider nicht mehr viel vorhanden ist. Darüber haben wir aber auch in den nächsten Tagen noch mehr gelernt.
Unsere nächste Fahrt ging noch am selben Tag in Richtung Norden, nach Whananaki. Bevor wir den Ort erreichten, haben wir noch einen Stop an einem Steilküsten-Wanderweg eingelegt. Während der Weg selbst total schön war und die Aussicht einfach traumhaft, war noch viel beeindruckender wie leer es dort war. Der Wanderweg ging von einem Parkplatz direkt an einer relativ großen Straße ab und in der gesamten Zeit, die wir da waren, haben wir insgesamt zwei andere Menschen getroffen. Das ist wieder einmal ein großer Vorteil davon, in der Offseason hier zu sein – wir haben keine Probleme damit, Platz auf den Stellplätzen zu finden oder Online Dinge zu buchen. Alle Attraktionen sind schön leer und man kriegt viel mehr von der Natur selbst mit, als von den Menschenmassen die hier im Sommer wären. Auch unten am Strand konnten wir einige Zeit verbringen und die ganzen schönen Muscheln begutachten, die dort angespült wurden, ganz ohne von anderen Menschen gestört zu werden. Neuseeland ist schon ein sehr schönes Land!
Es war einmal in einer weit, weit entfernten Galaxis (äh, einem weit entfernten Land), dass sich Obi Wan Kiwi und Darth Possum auf der Straße trafen.
Ich bin zwar ähnlich rund wie ein Kiwi, aber nicht ganz so flauschig. Und ich bin froh, dass meine Babys nicht über 15 kg Wogen…
Ein wunderbarer Artikel!
To be continued, please!!