Roadtrip Akt 2: Strände, Drogen und Kakao

Eeeeeeigentlich wollten wir von Surat Thani aus nach Koh Samui fahren. Das „Koh“ steht immer für „Insel“ und Koh Samui ist eine der bekanntesten Inseln Thailands. Dort gibt es traumhaft schöne Strände, Bars, Strände, Restaurants, Strände, Wasser und habe ich die Strände schon erwähnt? Aber je mehr wir dazu recherchiert haben, desto geringer war unsere Lust darauf. Der Weg zu einem Fähranleger ist lang und teuer, ganz zu schweigen von den Kosten der Fähre selbst. Es ist zwar alles nicht wirklich viel, liegt aber doch deutlich über unserem geringen Tagesbudget. Aber das Hauptproblem dabei war: wir hatten beide gar nicht so viel Lust auf die Insel. Es klang zwar alles traumhaft schön, aber leider auch langweilig. Auch wenn die Zeit auf Tioman einfach unfassbar war, haben wir dort doch gemerkt, dass wir einfach keine Strandmenschen sind. Für einen oder zwei Tage ist es schön, aber dafür würden sich die Fahrkosten einfach nicht lohnen. Es wäre es uns nach einer Woche vermutlich einfach zu langweilig.

Deshalb haben wir kurzerhand alle unsere Pläne über den Haufen geworfen und kurzentschlossen online ein Auto gemietet. Der Plan? Kein ausgedehnter Inselurlaub, dafür eine Erkundungstour durch Südthailand auf dem Landweg!
Am 30. November sind wir mit dem lokalen Bus in die Stadt gefahren – die Züge sind gegen diese Klapperkisten ein absoluter Traum – und sind dann zum Autoverleih gelaufen. Wir waren erst etwas skeptisch, denn wir haben das Auto aus einer ganz normalen Wohngegend abgeholt. Es gab keinen Laden, kein Geschäft und nur ein kleines Schild am Hauseingang als Bestätigung, dass wir richtig waren. Sobald wir das Auto gesehen haben, waren wir jedoch beruhigt. Es war ein Neuwagen mit nur 4.000 gefahrenen Kilometern. Das Unternehmen ist vermutlich ganz neu und baut sich gerade erst auf, wir hatten also das Glück in einem komplett neuen Auto fahren zu können, sehr cool!

Das Auto für unseren ersten Roadtrip

Unser erstes Ziel war Koh Lanta (wer aufgepasst hat weiß jetzt, dass das auch eine Insel sein muss). Anders als Koh Samui liegt diese Insel nicht an der Ost- sondern an der Westküste Thailands. Wir mussten also einmal quer durchs Land fahren, was mit einem eigenen Auto aber deutlich angenehmer ist, als mit einem Reisebus. Der entscheidende Punkt war jedoch, dass es eine Autofähre für die Insel gibt. Man kommt also ganz flexibel und günstig auf die Insel.

Wir haben es entspannt angehen lassen und sind nicht direkt durchgefahren, sondern sind am 30.11. nur in die Nähe der Insel gefahren. Die Route dahin war wirklich traumhaft. Palmenwälder, Dschungel, Hügel, Berge und ein paar beeindruckende Fels-Konstellationen am Straßenrand. So ist unser erster Roadtrip-Tag schnell umgegangen! Abends haben wir in einem kleinen Dorf halt gemacht und zum Glück auch noch etwas zu essen gefunden. Wenn es nach uns ginge würden wir immer erst gegen 22 oder 23 Uhr zu Abend essen. Da die Restaurants dann meisten dann schon zu sind, müssten wir uns eigentlich langsam mal umgewöhnen. Vielleicht lernen wir es irgendwann durch den Hunger! An diesem Tag hatten wir noch Glück und haben nicht nur ein Restaurant, sondern auch noch schnell einen Schlafplatz gefunden. Wir haben neben einer Schule geparkt und haben dort die Nacht verbracht. Vielleicht hätten wir etwas länger nach einem Übernachtungsort suchen sollen, denn die Nacht war sehr unschön. Es war laut und deutlich mückiger als gehofft…

Am 01.12. sind wir also noch etwas verschlafen mit der Autofähre auf die Insel Koh Lanta gefahren. Alleine die Tatsache, dass es eine Autofähre gibt, die nach Koh Lanta fährt, zeigt, wie viel größer die Insel im Vergleich zu Tioman ist. Auf Tioman waren die Straßen gerade breit genug, dass zwei Roller aneinander vorbeifahren konnten. Außerdem waren viele Teile der Insel nur mit Booten zu erreichen. Anders war es auf Koh Lanta, dort gibt es ganz normale Straßen und mit dem Auto zu fahren ist überhaupt kein Problem.

Wir haben uns vor dem Erkunden der Insel den erstbesten Strand gesucht und sind baden gegangen. (Nach der heißen Nacht im Auto hatten wir das auch dringend nötig.) Der Strand war schmal und lag direkt an einer Straße. Wir fanden es trotzdem etwas merkwürdig, dass wir komplett alleine dort waren. Denn obwohl am Strand zwischendurch Müll lag, war es wirklich schön. Ein langer, sonniger (wir haben es keine halbe Stunde dort ausgehalten) Strandabschnitt mit Blick auf die umliegenden Felsen und kleinen Inseln. Wir haben uns von der Leere nicht abhalten lassen und haben die Kühle genossen. Allerdings sind wir nicht zu weit rausgeschwommen, die Strömung war uns nicht ganz geheuer.

Strand auf Koh Lanta

Sauber und mit neuer Energie haben wir dann die Insel erkundet. Vom nördlichsten bis zum südlichsten Punkt braucht man ca. eine Stunde, wir sind also einfach mit dem Auto einmal über die gesamte Insel gefahren. Dabei haben wir leider ziemlich wenig vom Strand gesehen, obwohl die Straße fast direkt am Ufer entlang führte. Denn zwischen der Straße und dem Strand war alles voll mit Bars, Restaurants und Weed-Shops. Um zum Wasser zu gelangen oder es nur zu sehen, musste man also durch einen dieser Läden gehen. Die ganze Insel ist viel voller als Tioman und auch deutlich lebendiger. Es gibt mehrere Roller-Verleihe und angebotene Roller-Touren über die Insel. Viele Touristen (hauptsächlich aus Europa oder Nordamerika) verbringen hier ihre Zeit und man merkt deutlich, dass die Insel stark vom Tourismus profitiert. Auch wenn das alles total schön war, haben wir schon am ersten Abend gemerkt, dass wir dort nicht viel Zeit verbringen müssen. Neben Bars gibt es einfach nicht so viel zu sehen, weil die Natur der Insel von den vielen Straßen sehr eingeschränkt ist.

Ex-Fähre nach Koh Lanta

Am zweiten Tag auf Koh Lanta haben wir ein Tierheim besucht. Das „Koh Lanta Animal Welfare“ ist der Hauptgrund dafür, warum es in der Region deutlich weniger Straßenhunde und -Katzen gibt. Für ein paar Euro kann man eine Tour über das Gelände des Vereins buchen. Eine freiwillige Arbeiterin aus den USA hat uns in einer kleinen Gruppe herumgeführt und über die Arbeit dort berichtet. Thailand allgemein hat ein großes Problem mit Straßentieren, deshalb können sie in der Einrichtung längst nicht alle Tiere aufnehmen. Die Hunde und Katzen, die wir dort gesehen haben, hatten alle eine schwere Verletzung oder Krankheit hinter sich. Langfristig leben dort nur die Tiere, die auf der Straße nicht mehr alleine überleben würden. Sie werden aufgepäppelt, versorgt, geimpft, kastriert oder sterilisiert und dann im besten Fall an Menschen aus der ganzen Welt vermittelt. Die Katzen bleiben offenbar größtenteils als Hauskatzen in Asien, die Hunde haben einen weiteren Weg vor sich und landen dann meistens in Europa oder Nordamerika. Aber auch den gesunden Tieren hilft die Organisation. Diese werden ebenfalls geimpft, kastrierst/sterilisiert und dann wieder dort ausgesetzt, wo sie hergekommen sind. So wird die Population der Straßentiere langsam geringer, auf Koh Lanta selbst gibt es nur noch wenige Tiere und nahezu alle wurden einmal behandelt. Deshalb haben sie die Arbeit ausgeweitet und haben mittlerweile auch einige reisende Krankenstationen auf dem Festland. Das Tierheim auf der Insel hat eine Küche, eine Krankenstation und natürlich viele Shelter und Boxen für die Tiere. Die Hunde werden zwei – drei mal von den vielen Freiwilligen ausgeführt, je nachdem wie groß das Gehege des jeweiligen Tiers ist. In der Küche hängt ein unfassbar detaillierter Essensplan. Denn da viele der Tiere aktuell in Behandlung sind, benötigen sie unterschiedliche Medikamente oder manchmal etwas Extra-Fleisch, um eben diese Medikamente ohne Widerworte zu fressen. Zwar basiert die Organisation hauptsächlich auf Spenden, allerdings bieten sie noch einige Aktionen an, um auf das Thema aufmerksam zu machen und natürlich auch Geld zu verdienen. Neben den Führungen über das Gelände, die wir auch mitgemacht haben, gibt es auch Kochkurse! Von thailändisch inspirierten Cocktails bis hin zu Drei-Gänge-Menüs kann man alles buchen. Dabei fand ich besonders schön, dass in einigem Abstand zu der offenen Küche ein großes Tiergehege ist. Dort sind tagsüber immer unterschiedliche Hunde, die sich noch nicht gut an (fremde) Menschen gewöhnt haben. Alleine oder zu zweit verbringen sie dort den Tag und gewöhnen sich so daran, dass Menschen in ihrer Nähe sind, ohne das Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein. Ein wirklich tolles Konzept!

Katze müde, Katze schlafen – Animal Welfare

Dort zu sein und zu sehen, wie sehr sich um die Tiere gesorgt wird, war einerseits total schön, aber auch sehr traurig. Denn natürlich werden nicht alle Tiere rechtzeitig behandelt und haben deshalb bleibende Schäden oder sterben sogar. Trotzdem ist es wirklich gut zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich diesen Tieren widmen. Und ich weiß jetzt, dass man von dort auf jeden Fall Hunde und Katzen kaufen und ihnen so ein besseres Leben schenken kann. Wenn also jemand von euch darüber nachdenkt einen Straßenhund oder -Katze zu kaufen (oder eine gute kleine Organisation sucht, an die man spenden könnte): Koh Lanta Animal Welfare! Wir waren da und sind uns sehr sicher, dass man diese Organisation mit gutem Gewissen unterstützen kann!

Das Tierheim war auch schon unsere letze Aktion auf der Insel, noch am selben Nachmittag haben wir Koh Lanta wieder verlassen. Wir sind die Strecke durchgefahren und haben es so noch am gleichen Tag nach Phuket geschafft. An dem Abend haben wir von der Stadt nichts gesehen. Stattdessen haben wir uns den erstbesten Schlafplatz gesucht. Den ersten richtigen Tag in Phuket haben wir – natürlich – in einer Einkaufshalle begonnen. Mittlerweile ist das wirklich Tradition, wir können doch in keine Stadt gehen ohne die Einkaufszentren zu begutachten! Wir haben mal wieder gemerkt, wie viel Weihnachtsdeko hier überall hängt. Die Weihnachtsstimmung ist bei uns beiden noch nicht wirklich aufgekommen, aber man kann zumindest nicht behaupten, dass es an der fehlenden Dekoration liegt. Nachdem wir unsere Vorräte aufgefüllt hatten, begann die eigentliche Stadtbesichtigung.

Ich bin nicht der größte Fan von Städten allgemein. Großstädte finde ich schon gut (vor allem, wenn sie coole Parks haben), aber einfach nur durch „normale“ Städte zu laufen finde ich schnell langweilig. Vielleicht hat mich Phuket deshalb nicht wirklich überzeugt. Es gibt ein paar Straßen mit netten Läden, Häuser mit Wandbemalungen und auch ein paar hübsche Tempel. Allerdings ist das alles nicht sooo besonders, wie man es bei Phuket erwarten würde. Phuket und Bangkok sind die einzigen Städte in Thailand, die ich schon vorher kannte. Deshalb waren meine Erwartungen auch etwas höher und wurden nicht wirklich erfüllt. Die Stadt ist mir nicht negativ aufgefallen, aber es war einfach etwas langweilig.

Street-Art vor Tempel in Phuket

Wirklich schön fand ich Phuket erst abends. Zum Sonnenuntergang sind wir zu einem Aussichtsturm gefahren, der auf einem Berg liegt. Von dort hatte man einen wirklich schönen Blick über die ganze Stadt und so von oben war ich schon deutlich mehr angetan. Phuket ist umgeben von Wasser und man konnte dort ewig viele Schiffe und die Häfen sehen. In der Ferne war sogar die riesige Buddha-Statue zu sehen, die wir eigentlich sehen wollten (sie war leider wegen eines Erdrutsches in den letzten Wochen gesperrt). Wirklich atemberaubend wurde es dann aber, sobald die Sonne untergegangen war. Wir haben etwas abseits vom Aussichtsturm einen Parkplatz gefunden, von dem man ebenfalls auf die Stadt runtergucken konnte. Und dort gingen nach und nach die Lichter an… Vielleicht spricht dort auch die klischeehafte Romantikerin aus mir, aber Städte bei Nacht sind einfach wunderschön! Ich stand bestimmt eine halbe Stunde dort und habe das Lichtermeer unter mir beobachtet.

Phuket bei Nacht

Wir haben dort auch die Nacht verbracht und haben so eine Situation mitbekommen, die unsere gute Stimmung ziemlich getrübt hat. Gegen 23 Uhr sind einige Kinder zwischen 12 und 15 mit dem Roller zu unserem Schlafplatz gefahren. Für Thailand-Verhältnisse ist das schon tiefste Nacht, immerhin sind zu dem Zeitpunkt fast alle Geschäfte schon längst geschlossen. Sie haben uns vermutlich nicht bemerkt, immerhin saßen wir schon im Auto und haben verdunkelte Scheiben. Aus einem Versteck im Boden direkt neben uns haben sie eine Tüte geholt und haben sich damit ein paar Meter neben uns an den Straßenrand gesetzt. In besagter Tüte waren einige Flaschen, die die Kinder dann herumgereicht haben. Danach sind ein paar von ihnen in den Büschen verschwunden und dann mit ein paar Joints wiedergekommen. Wir fanden es beide sehr verstörend so junge Menschen in so selbstverständlichem Umgang mit Drogen zu sehen. In Thailand sieht man auf offener Straße eigentlich niemanden Alkohol trinken (außer Touristen in Bars). Auch Zigaretten oder Joints sind in der Öffentlichkeit eine absolute Seltenheit und werden auch nur von Touristen geraucht. Der Besitz von harten, verbotenen Drogen führt oft zu langen Gefängnisstrafen, der Verkauf wird sogar mit der Todesstrafe geahndet. Diese Kinder schienen sich darum nicht sonderlich zu kümmern und das war für mich persönlich das bedrückendste an der Situation. Ich wusste, dass ich ihnen nicht helfen kann, es gab für uns keinen Weg sie vor der Abwährtsspirale zu bewahren, in der sie sich anscheinend befinden. Danach haben wir angefangen über den Drogenkonsum der Thais zu recherchieren und das Ergebnis davon war noch belastender. Es gibt zu dem Thema bestimmt noch aktuellere Daten, ich verlinke euch hier trotzdem mal den BBC-Artikel von 2017. Mich hat das alles sehr bedrückt. Im Alltagsleben bekommt man davon gar nichts mit. Die meisten Thais scheinen Drogen stark abzulehnen, was natürlich auch Sinn ergibt, wenn es in der eigenen Gesellschaft ein so großes Drogenproblem gibt.

Nach ca. einer Stunde haben die Kinder die Tüte wieder versteckt, sind auf die Roller gestiegen und weggefahren. Alleine die Tatsache, dass sie high und betrunken Roller fahren ist schon besorgniserregend genug, das Hintergrundwissen zu der allgemeinen Situation in Südthailand macht es nicht besser.

Am 04.12. sind wir früh aufgestanden (und mit früh meine ich ausnahmsweise auch mal wirklich früh) und sind um 05:40 mit dem Auto das kleine Stück zum Aussichtsturm hochgefahren. Eigentlich sollte er um 6 öffnen, aber die Zeiten sind in Thailand leider nicht immer so zuverlässig. Wir haben den Sonnenaufgang also doch von unserem Schlafplatz etwas weiter unten beobachtet. Danach wollten wir unseren Tag weiter planen, wurden jedoch von einem Rollerfahrer gestört, der längere Zeit um unser Auto herumgeschlichen ist. Wir vermuten, dass wir aus Versehen an einem beliebten Drogenhandelsplatz geschlafen haben. Den ganzen letzten Abend stand direkt neben uns ein Auto, vielleicht gehörte das einem Dealer? Das sind alles nur Spekulationen, es kam uns nur sehr komisch vor, dass ein fremder Rollerfahrer versucht in unser Auto zu gucken und Fotos davon macht.

Hüter des Drogenverstecks

Auch wenn wir uns natürlich nicht sicher sein konnten haben uns die Spekulationen gereicht und wir haben den Berg schleunigst verlassen. Stattdessen haben wir unseren Morgen dann an einem Strand verbracht, waren schwimmen und sind dann endlich wieder in ein Hostel gefahren. Nach den letzten paar Nächten im Auto tut eine Dusche und ein normales Bett einfach sehr gut! Das Beste an dem Abend war aber das Brot, was wir uns noch gekauft haben. Denn nach 2 bzw. 4 Monaten im Ausland haben wir das erste mal endlich ein richtiges Brot gefunden! Ich kann nicht beschreiben, wie sehr wir uns darüber gefreut haben endlich wieder vernünftiges Brot und nicht nur Toast zu essen!

Entsprechend sauer waren wir dann, als wir am 05.12. feststellen mussten, dass unser geliebtes Brot von Ameisen übernommen wurde. Neben unserem Bett, im zweiten Stock eines Hostels, führte eine Ameisenstraße direkt in die Brottüte. Ich habe Thies selten so schlecht gelaunt erlebt wie an diesem Morgen und ich kann es ihm absolut nicht verübeln. Auch wenn es im Verhältnis zu unserem normalen Essen ziemlich teuer war haben wir also noch ein Brot gekauft, bevor wir Phuket an diesem Nachmittag verlassen haben. Rache den Ameisen!

In den letzten zwei Tagen im Auto wollten wir die Westküste Südthailands hochfahren und dann im Osten wieder zurück nach Surat Thani. Auch wenn ich eigentlich kein Fan davon bin, viel vorweg zu nehmen: Es war eine großartige Idee!

Den ersten Tag (also den 05.12.) haben wir fast ausschließlich im Auto verbracht. Die Landschaft ist wirklich wunderschön, man muss für die besten Aussichtsorte meistens gar nicht aussteigen, sondern kann einfach aus dem Fenster gucken. Wir sind die meiste Zeit über eine große Straße gefahren, am ehesten vergleichbar mit Autobahnen. Allerdings fahren die meisten Menschen hier höchstens 90, es ist also alles etwas gemütlicher. Am Straßenrand waren immer wieder kleine Städte mit Geschäften direkt am Straßenrand. Auch wenn ich mich langsam daran gewöhnt haben müsste finde ich immernoch, dass das unfassbar unsicher aussieht. Denn auch wenn die Geschwindigkeit der Autos grundsätzlich geringer ist als in Deutschland, bleibt sie in diesen Städten gleich. So kommt es also, dass unmittelbar neben offenen Ständen, Menschen (auch spielenden Kindern), Hunden und Katzen Autos mit 80 – 90 km/h vorbei rasen. Bisher habe ich aber noch nie gesehen, dass das zu Problemen geführt hat, gerade am Rand fahren auch fast nur Roller, die nochmal deutlich langsamer unterwegs sind, als die Autos. Ich finde es trotzdem etwas beunruhigend! Zwischen den Städten hatte man lange Phasen mit Sicht auf die grünen Berge im Umland. Ich könnte stundenlang einfach nur dort im Auto sitzen und mich umsehen!

Wir haben es abends bis nach Ranong geschafft und hatten so schon die Hälfte der Strecke hinter uns. Das hat uns einiges an Zeitstress für die nächsten Tage genommen und das haben wir gerade am nächsten Tag, den 06.12., in vollen Zügen ausgenutzt!

Unser erster Tagesordnungspunkt war eine große Wiese in der Nähe von Ranong. Dort gibt es mehrere von Gräsern und Farnen bewachsene Hügel. Außerdem steht dort das Schild mit der Aufschrift „Ranong“. Ich weiß nicht, ob es das in Deutschland auch gibt, ich habe es bisher nur in Südostasien gesehen. Sowohl in Malaysia als auch in Thailand ist es sehr üblich an der/den Sehenwürdigkeit(en) einer Stadt große Buchstaben zu haben, die den Namen der Stadt bilden. Diese Wiese ist wegen dieser Buchstaben ein beliebter Ort für Fotos. Während wir da waren haben wir eine große Reisegruppe gesehen, die extra für diese Buchstaben dorthin gefahren ist. Es ist einfach ein sehr beliebter Weg, um zu zeigen, dass man an einem bestimmten Ort war. Wir haben dort natürlich auch Bilder gemacht, sind aber auch als einzige die Hügel hinauf „gewandert“. Sie waren wirklich nicht hoch, nach zehn Minuten waren wir schon oben. Dieser Ort hat sich wirklich nicht nach Thailand angefühlt. Wir konnten beide nicht genau sagen zu welchem Land es mehr gepasst hätte, aber es war definitiv nicht Thailand!

Ranong

Zur Mittagszeit wollten wir eigentlich nur kurz eine heiße Schokolade bei einem Café am Straßenrand trinken. Das Cocoa Café ist aber nicht nur ein Ort, um etwas zu trinken, sondern auch eine Informationsstelle rund um das Thema Kakao. An der Wand ist der Herstellungsprozess von Schokolade beschrieben und die dort verkauften Getränke stammen alle aus der eigenen Kakaofarm. Auf dem Gelände konnte man sich ziemlich frei bewegen, so konnten wir selbst sehen, wo die Kakaobohnen verarbeitet wurden.

Wir haben beide ein Getränk bestellt und waren überrascht, wie bitter es war. Echter Kakao ist einfach nicht mit der süßen Schokolade zu vergleichen! Dazu haben wir auch noch Kakao-Tee bekommen, der im Vergleich zum „normalen“ Echt-Kakao deutlich weniger bitter war. Mein Highlight war aber die Kakao-Schote, die wir zum Probieren bekommen haben. Die Schote selbst ist gelb und ist etwas größer als eine Hand. In der Schote sind die Kakao-Bohnen, die von weißem, etwas schleimigen Fruchtfleisch umgeben sind. Dieses Fruchtfleisch schmeckt süßlich und meiner Meinung nach sehr lecker. Die Bohnen hingegen sind eher holzig und bitter, weswegen Thies davon auch ziemlich wenig gegessen hat. Wir haben die Schote längst nicht ganz aufgegessen, aber es war richtig spannend das mal probieren zu können!

Kakao-Schote und Tee

Der nächste Ort war ein wirklicher Glücksgriff! Wir haben beim Fahren einfach auf Google Maps nach interessanten Orten gesucht, die wir noch besuchen könnten. Dabei hat Thies auf der Karte einen Aussichtspunkt auf einem Berg gefunden und wir sind spontan dorthin gefahren. Mit der atemberaubenden Aussicht, die wir dann hatten, habe ich wirklich nicht gerechnet. Gegenüber von uns war eine andere Bergkette, von der wir durch ein Tal mit einem breiten Fluss getrennt waren. In dem Fluss befanden sich mehrere kleine unbewohnte Inseln, die von leichten Nebelwolken umgeben waren. Durch die „echten“ Wolken sind Sonnenstrahlen hindurchgefallen und es wirkte wie die Zeit kurz vor dem Sonnenuntergang, obwohl dieser noch mehrere Stunden weg war. Eine sehr mystisch-fantastische Atmosphäre!

Blick nach Myanmar

Am meisten hat mich aber etwas berührt, was man überhaupt nicht sehen konnte: Myanmar. Denn die Berge auf der anderen Seite des Flusses gehörten schon zu Myanmar. Das Land befindet sich seit 2021 im Bürgerkrieg und auch die Beziehung zu Thailand ist sehr stark angespannt. Aktuell sind alle Grenzübergänge zwischen den beiden Ländern gesperrt und an der Grenze im Norden wurde erst kürzlich die Militärpräsenz nochmal verstärkt. Ich war noch nie so nah an einem Land, in dem Krieg herrscht. Das klingt im Nachhinein sehr albern, aber unterbewusst habe ich damit gerechnet, dass man das irgendwie sehen kann. Das ist natürlich nicht der Fall, wir haben nur wunderschöne Berge gesehen, die ich von den thailändischen Bergen nicht hätte unterscheiden können. Mit dem Wissen im Hinterkopf war dieser Aussichtspunkt nochmal bewegender, schöner und auch etwas trauriger.

Gegen 17 Uhr haben wir unseren nächsten Stopp erreicht: eine große Höhle, in die man auch reingehen kann. Wir haben schon vor der Höhle eine große Gruppe Menschen getroffen, die alle sehr beschäftigt an unterschiedlichen Dingen gearbeitet haben. Einer hat uns empfohlen Jacken anzuziehen, wenn wir in die Höhle gehen. Ausgestattet mit Jacken und unseren Stirnlampen haben wir die Höhle erkundigt. Nach dem eher kleinen Höhleneingang (ca. 3.5 Meter hoch) war der Innenraum umso beeindruckender. Im Dunkeln konnten wir die Decke des Gewölbes nur grob erkennen. Ganz oben haben im Taschenlampenlicht viele kleine Punkte aufgeleuchtet. Sehr schnell war uns klar: das sind Fledermäuse! Wir sind die Höhle weiter entlang gegangen und haben dann viel Geflatter von den Fledermäusen gehört, die langsam aufwachen. Um 18 Uhr ist ungefähr Sonnenuntergang, genau die richtige Zeit also zum Losfliegen! Mir ist der merkwürdige Geruch in der Höhle schon am Anfang aufgefallen, aber ich konnte es nicht richtig zuordnen. Meine erste Assoziation war Kresse, jetzt wissen wir, dass es Fledermauskacke war – daher kam also auch die Empfehlung zur Jacke.

Die letzte halbe Stunde Sonnenlicht haben wir zum weiteren Erkunden der Höhle genutzt. (Nicht, dass es uns viel gebracht hätte. Es ist immer noch eine Höhle und selbst mit den Taschenlampen war es stockdunkel.) Die großen Räume waren beide auf der gleichen Höhe und hatten sogar einen (künstlichen) ebenen Fußboden. Aber nach und nach wurde die Höhle unwegsamer. Treppen, die immer steiler wurden, und später musste man an manchen Stellen wirklich klettern können. Besonders war dabei, dass nichts extra abgesichert war. Wir haben einen Nebenarm entdeckt, der sehr schmal und sehr hoch war. Er war in etwa vergleichbar mit einer sehr schmalen Raute, in der man nur in der Mitte klettern kann. Auf dieser Höhe war auch ein Seil zum Festhalten oder Sichern, damit man die 1.5 Meter nicht in den schmaleren Teil fällt und stecken bleibt. Für Höhlenforscher ist das bestimmt total interessant, allerdings fand ich es ziemlich gruselig, dass auch „normale“ Menschen einfach dort hinein klettern könnten. Wir sind an dem Punkt auf jeden Fall umgedreht, ich bin zwar nicht klaustrophobisch, aber jeder hat irgendwo seine Grenze!

Fledermaus-Höhle

Während die Sonne unterging und es langsam dunkler wurde, sind wir außen ein Stück um den Berg herumgelaufen. Ein langer Holzsteg führte über Bäume und einen Fluss mit sehr niedrigen Wasserstand. Wir haben zwei Gruppen der Menschen getroffen, die wir am Anfang schon vor der Höhle gesehen haben. Sie haben leuchtende Lampen aufgehängt, in denen Flüssigkeit war und die mit Netzen umgeben waren. Wir waren erst etwas verwirrt, aber damit wollten sie vermutlich Insekten fangen. Später haben wir kurz mit einem französischen Fotografen gesprochen, der uns vor kleinen Skorpionen, Spinnen und giftigen Schlangen gewarnt hat, die in der Gegend in den Bäumen leben. Nach dem Gespräch sind wir schnell wieder umgedreht und waren wieder beim Höhleneingang, als es dunkel war.

Die nächsten 1.5 Stunden konnten wir beobachten, wie tausende (wirklich tausende!) Fledermäuse aus dem Höhleneingang geflattert sind. Wir haben uns der engsten Stelle über die Zeit genähert und waren dann zu jedem Zeitpunkt umgeben von Dutzenden Fledermäusen, die auf der Suche nach Beute in den Nachthimmel geflogen sind. Genau diese Zeit hat sich die Gruppe Menschen zunutze gemacht. Sie haben über einer Wanne, die mit Plastik ausgelegt war, in mehreren Reihen hauchdünne Fäden angebracht, die von ca. zwei Metern Höhe genau gerade nach unten in die Wanne geführt haben. So haben sie Fledermäuse gefangen und in kleine weiße Säckchen gestopft. Wir haben uns erst Gedanken darüber gemacht, wie legal das ist, was sie dort tun. In Thailand ist das Fangen von Fledermäusen verboten, das hat uns etwas Sorgen bereitet. Nach einem kurzen Googeln der Schrift auf ihren Hoodies waren wir allerdings beruhigt. Sie kamen von einer Universität und es waren vermutlich Studenten und ein paar Professoren, die die Fledermäuse untersucht haben. Nachdem wir so beruhigt waren, konnten wir das Naturschauspiel noch viel mehr genießen. Mein persönliches Highlight war eine entkommene Fledermaus. Auch wenn die Forscher fast alle Tiere, die in die Wanne gefallen sind, gefangen haben, sind einige auch entwischt. Eine hat sich bei ihrer Flucht kurz auf der nächsten sicheren Stelle niedergelassen und ausgeruht. Diese sichere Stelle war meine Hose. Ich hatte also kurz eine Fledermaus auf mir sitzen – die haben wirklich spitze Krallen! Kurz darauf hat sie es ihrem Schwarm gleichgetan und ist auch in die Nacht geflogen.

Als der Ansturm am Ausgang der Höhle langsam weniger wurde haben wir diesen Ort auch verlassen und sind mit dem Auto weitergefahren. Denn noch hatten wir unser Etappenziel nicht erreicht!

Denn wir hatten uns vorgenommen diese Nacht in Lang Suan zu verbringen. Die kleine Stadt ist etwa zwei Stunden nördlich von Surat Thani an der Ostseite von Thailand. Normalerweise hätten wir dort nicht viel Zeit verbracht, allerdings ist das die Geburtsstadt von einer Frau aus der Tanzschule, in der Thies und ich beide gearbeitet haben. Von ihr und ihrem Mann haben wir viele Tipps bekommen, deshalb war ich sehr neugierig, wo sie aufgewachsen ist. Wir sind erst ziemlich spät dort angekommen und haben uns einfach in einer ruhigen Wohngegend an den Straßenrand gestellt und dort geschlafen.

Am diesem Tag, dem 07.12., mussten wir das Auto auch schon wieder abgeben, wir hatten also nicht viel Zeit in der Stadt. Die Stadt selbst ist nicht so besonders und ähnelt den vielen kleinen Städten, durch die wir schon gefahren sind. Mit dem Wissen, dass dort eine uns bekannte Person aufgewachsen ist, war es für mich aber viel spannender diese kleine Stadt zu sehen. Den Empfehlungen des besagten Tanzpaares folgend sind wir zuerst an den Strand gefahren. Dort gab es ein großes schiff-förmiges Gebäude, das auf dem Festland liegt und in das man hineingehen kann. Direkt daneben ist ein wirklich hoher Metallkäfig mit einer Öffnung unten, durch die gerade so ein Mensch passt (solange man nicht so riesig ist wie Thies). Darin waren noch Reste von Feuerwerkskörpern, die man in dem „Schiff“ extra dafür kaufen konnte, um sie in diesem Käfig zu entzünden. Wir haben beide nicht ganz verstanden, warum das ein Ding ist und Menschen das tun, aber es ist auf jeden Fall ein guter Einfall! Außerdem haben wir noch die ehemalige Schule und den Shop einer Freundin von der Frau besucht und dann wurde die Zeit leider schon knapp. Wir hatten eine feste Uhrzeit, zu der wir das Auto abgeben mussten und diese wollten wir auf keinen Fall verpassen.

Thies im Feuerkäfig

Also sind wir dann aus Lang Suan aufgebrochen und sind die letzten zwei Stunden zurück nach Surat Thani gefahren. Wir sind dort im selben Hostel geblieben, wie vor unserem kleinen Roadtrip. Das Auto wurde direkt von unserem Hotel abgeholt, wir mussten also nicht einmal damit in die Innenstadt fahren. Das ist wirklich purer Luxus! In der letzten Woche haben wir Südthailand wirklich gut kennengelernt. Sowohl die wunderschöne Landschaft als auch die dunkle Seite des Drogenkonsums. Nach dieser spannenden Zeit geht es für uns jetzt weiter nach Norden, in die Metropole Thailands, in die „Stadt der Engel, große Stadt und Residenz des heiligen Juwels Indras, uneinnehmbare Stadt Gottes, große Hauptstadt der Welt, geschmückt mit neun wertvollen Edelsteinen, reich an gewaltigen königlichen Palästen, die dem himmlischen Heim des wieder geborenen Gottes gleichen, Stadt, die von Indra geschenkt und von Vishnukarm gebaut wurde“, die vielleicht besser unter dem Namen „Bangkok“ bekannt ist.

Thailändische Marine-Flagge