Rotorua – Die Schwefelstadt

Am Abend des 10. August sind wir im Dunkeln in Rotorua angekommen. Die Stadt trägt außerdem noch den Spitznamen der „Sulfur City“, also der Schwefel-Stadt. Sobald wir den ersten Stellplatz erreicht hatten, haben wir schon gemerkt, warum sie so hieß. Kaum hatten wir die Türen aufgemacht, da kam uns schon ein sehr aufdringlicher unangenehmer Geruch entgegen, den wir durch die Erfahrungen aus Indonesien und Taupō eindeutig als Schwefelgeruch identifizieren konnten. Nach einer sehr kurzen Suche war uns auch klar woher der Geruch kommt: direkt neben den campenden Vans und Wohnmobilen gab es einen kleinen ummauerten Tümpel, in dem es ordentlich blubberte und qualmte. Kein Wunder, dass sie den kostenlosen Stellplatz direkt daneben gebaut haben, bei dem Gestank würde niemand für einen Platz zahlen wollen! Da er aber auch der einzige kostenlose Stellplatz in der Innenstadt war, mussten wir trotzdem feststellen, dass alle Plätze belegt waren. Bei dem Gestank fanden wir das nicht allzu schade und sind auf den nächsten Platz gefahren, der etwas nördlich von Rotorua am Rotorua Lake lag, der Name ist ähnlich unkreativ wie der Lake Taupō neben Taupō. Eine andere Gemeinsamkeit zum Lake Taupō ist der vulkanische Ursprung, denn beide Seen wurden durch die Eruption eines Vulkans geformt, der sich selbst weggesprengt und so den Kratersee geformt hat. Eine Sache hatte der See allerdings nicht gemein mit seinem Vetter im Südwesten: den Gestank! Um genauer zu sein die Abwesenheit des Gestankes. Denn auch wenn es in der Innenstadt deutlich schlimmer war, roch es auch hier im Norden noch deutlich nach Schwefel. Tja, daran mussten wir uns in dieser Gegend wohl gewöhnen!

Am nächsten Morgen ging es dann wieder weiter mit der gefürchteten Jobsuche. Wir waren bei verschiedenen Tierparks, die mich durch sehr süße Kühe, flauschige Schafe und etwas furchteinflößende Strauße motiviert haben. Außerdem noch in einem Freizeitpark und natürlich vielen Hotels, Hostels und Restaurants. Fast überall habe ich die gleiche Antwort bekommen: aktuell ist es etwas schwierig, aber sie würden sich im Oktober/November nochmal melden. Zu doof, dass ich so lange natürlich keine Zeit habe! Der Tag hat sich etwas schleppend voran bewegt, weil es einfach keinen Fortschritt gab, aber das war ich ja aus Taupō schon gewohnt. Am Abend standen wir dann doch auf dem Stellplatz in der Mitte der Stadt. Der Geruch war am Anfang ziemlich schwer zu ertragen, aber nach ein paar Minuten wurde es zum Glück besser. Ich kann mir trotzdem nicht vorstellen dort tatsächlich zu leben, wie kann man da überhaupt irgendetwas riechen, wenn die Nase die ganze Zeit so belastet wird???

Das gute an dem Stellplatz war die nahe Umgebung des Platzes. Neben dem kleinen Tümpel mit den Blubberblasen gab es noch einen größeren Teich, der nicht weniger schlecht roch. Wenn man den Geruch ausblenden konnte, fand ich es dort ganz schön und am Uferrand gab es viele verschiedene Skulpturen von lokalen Künstlern, die ich (wie Kunst eben so ist) mal mehr und mal weniger verstanden habe. Abgesehen von der Kunstanalyse haben wir die nächsten Tage auch noch mit der Jobsuche verbracht. Meinen Nerven tat das ständige Aufraffen und Abgewiesen werden nicht sonderlich gut, aber ich habe es trotzdem versucht, wobei mich Thies mal wieder sehr unterstützt hat. Als kleine Ablenkung waren wir an einem Tag beim Lake Tikitapu, um den ein wirklich hübscher Wanderweg führte, aber das war tatsächlich auch das spannendste an unserer Zeit in der Schwefelstadt.

Der Spiegel der Welt

Am 13. August zahlte sich die Jobsuche dann endlich aus! Ich wurde von gleich zwei Menschen aus Taupō angerufen, dass sie eine freie Stelle hätten. Im Hotel hätte ich zwar erst in einem Monat anfangen können, aber das war besser als gar nichts und für ein anderes Café war die Probeschicht schon zwei Tage später! Ich war so erleichtert, dass die Suche endlich ein Ende haben könnte und daher war für uns klar: wir müssen zurück nach Taupō!

Also sind wir noch am gleichen Tag zurück in die Mitte der Nordinsel gefahren. Am frühen Abend haben wir aber noch einen kleinen Umweg gemacht, denn wir hatten am Morgen zwei andere Camper kennengelernt, die uns einen bestimmten Ort empfohlen hatten. Durch die ganze geothermische Aktivität gab in der ganzen Region nämlich nicht nur Matschtümpel, heißen Rauch aus Erdlöchern und Geysire, sondern auch heiße Quellen! Eine davon lag einfach mitten in einem Waldstück. Wir sind leider etwas spät losgefahren, weshalb wir erst kurz vor Sonnenuntergang auf dem Parkplatz angekommen sind. Es hat sich sehr so angefühlt, als wären wir falsch, weil wir nach einer langen Schotterstraße einfach an einer kleinen Parkbucht neben hohen Bäumen angekommen sind. Nur die Anwesenheit der anderen Autos hat mich ein bisschen beruhigt. Wir haben uns schnell unsere Badesachen angezogen und sind nur in Flipflops etwa fünf Minuten auf einem Trampelpfad durch den dunkel werdenden Wald gelaufen. Neben uns verlief die ganze Zeit schon ein kleiner Bach von ungefähr 2m Breite und nach einer letzten Kurve haben wir ein paar Menschen gesehen, die hinter einem kleinen Wasserfall saßen und sich an diesen anlehnten. Es sah wirklich kalt aus und nur die kleinen Rauchschwaden, die aus dem Wasser kamen, verrieten etwas über die Wärme dieser Stelle. Bevor es an der Luft zu kalt wurde haben wir uns schnell ausgezogen und sind, nur in Bikini und Badehose bekleidet, im Winter in einem Fluss baden gegangen. Den ersten Fuß in den Fluss zu stellen war erstmal kälter als erhofft, aber je näher wir an den Mini-Wasserfall gelaufen sind, desto wärmer wurde es. Dort angekommen konnte man sich problemlos ins angenehm warme Wasser setzten und musste sich nur etwas an den Steinen unter sich festhalten, damit man von der Strömung nicht weggespült wurde. Die Erfahrung dort hat sich ziemlich surreal angefühlt, wie ein Whirlpool in freier Wildbahn.

Nachts im Winter baden

Wir haben uns ein bisschen der anderen Gruppe unterhalten und haben festgestellt, dass sie aus den Niederlanden kommen und wir damit fast Nachbarn sind! Allerdings sind die anderen recht schnell gegangen, denn die Sonne war mittlerweile untergegangen und man konnte den Rückweg nur noch mit Taschenlampe finden. Nach ein paar Minuten hatten wir den heißen Wasserfall also für uns alleine. Rund um uns herum hat es geblubbert und es hing schon wieder der leicht schwefelige Geruch in der Luft. Zum Glück war er hier nicht stark ausgeprägt und auch nicht giftig, solange man den Kopf über Wasser hielt. Der Wasserfall hatte die perfekte Höhe, um sich im Sitzen daran anzulehnen und wir haben es einfach genossen im Winter draußen baden gehen zu können.

Allerdings wurde es irgendwann dann doch zu kalt für die Gliedmaßen, die nicht im Wasser waren und wir mussten das warme Wasser verlassen. Das war dann der weniger schöne Teil der Erfahrung. Ich habe mir nur kurz mein Handtuch umgeworfen, habe mir meine ganze Kleidung geschnappt und bin so schnell wie möglich zum Auto gelaufen. Bei drei Grad im Bikini durch den Wald zu laufen war nicht gerade die Erfahrung, die ich in Neuseeland vermutet hätte, aber für eine heiße Quelle würde ich es immer wieder tun! Im Auto haben wir dann sofort die Lüftung angemacht, uns in Decken eingekuschelt und uns aufgewärmt. Als wir wieder einigermaßen warm waren sind wir auf den dunklen Landstraße zurück nach Taupō gefahren und haben uns umso mehr gefreut, dass wir uns mittlerweile selbst im Dunkeln in der Stadt zurecht gefunden haben.

Am ersten Morgen zurück in Taupō mussten wir leider feststellen, dass die heiße Quelle uns etwas mitgegeben hatte: den Geruch! Bevor ich am nächsten Morgen also meine Probeschicht im Café haben würde, mussten wir dringend nochmal duschen gehen, was glücklicherweise geholfen hat.

Viel zu früh kam dann der nächste Morgen. Ich war ziemlich aufgeregt, als Thies mich vormittags in der Stadt abgesetzt hat und ich alleine zum Café gelaufen bin. Vor Ort habe ich mich bei dem Barista vorgestellt, der mir kurz die wichtigsten Sachen gezeigt hat. Im Endeffekt war es auch ziemlich einfach zu verstehen: Essen und Getränke an die richtigen Tische bringen, Geschirr in die Küche bringen und Tische wischen. Ich habe mich schnell eingefunden und hatte nach einer Stunde sogar richtig Spaß, als es im Café richtig voll wurde und ich nur vom einem Tisch zum nächsten laufen konnte. Nach zwei Stunden war meine Probeschicht beendet und es wurde langsam wieder ruhiger, also hat mir der Barista eine heiße Schokolade gemacht. Dort saß ich dann und habe auf die Chefin gewartet, die eigentlich nach meiner Schicht mit mir sprechen wollte. Nach 20 Minuten hatte ich keine Lust mehr und habe sie draußen auf der Straße angerufen – und habe niemanden erreicht.

Erstmal habe ich mir nichts dabei gedacht und bin zurück zum Auto gelaufen, wo Thies auf mich gewartet hat. Wir haben den Erfolg mit Kuchen gefeiert und hatten danach noch einen deutlich weniger stressigen und sehr schönen Tag. Den nächsten Tag haben wir endlich mit einem Spaziergang am Lake Taupō verbracht, was wir bei unserem ersten Besuch in der Stadt einfach nicht hinbekommen haben. Dafür war es dieses Mal umso schöner, wir hatten gutes Wetter, konnten lange auf ein paar Felsen am Wasser entlang klettern und haben sogar eine kleine Höhle gefunden! Die Landschaft dort war wirklich sehr schön und ich konnte mir immer noch nicht vorstellen, dass wir tatsächlich am Ufer eines Sees standen!

Lake Taupō

Am Nachmittag hat mich die Chefin des Cafés endlich angerufen und mir erklärt, dass ich doch nicht Vollzeit arbeiten könnte, sondern nur an den Wochenenden insgesamt 10 Stunden. Das war zwar eine Enttäuschung, aber besser als nichts. Wir haben geplant unter der Woche die Gegend zu erkunden, immerhin liegt Taupō dafür ja sehr gut, und am Wochenende immer wieder zurück nach Taupō zu fahren. Daraus wurde nur leider nichts, denn es kam alles anders. Ich mache für euch mal das, was für uns leider nicht möglich war und fasse das Drama zusammen, was sich die nächsten zwei Wochen ereignet hat: Nachdem aus dem ursprünglichen Vollzeitjob ein Minijob wurde, wurde es nämlich nicht besser. Die Besitzerin hat sich erst gar nicht gemeldet und als ich ihr dann hinterhergeklingelt habe, um sie nach meinen genauen Arbeitszeiten zu fragen, hat sie mir erklärt, dass ich doch nur 4 Stunden am nächsten Wochenende arbeiten könne. Aber in der nächsten Woche würde es bestimmt besser werden! Daraufhin habe ich ihr erklärt, dass das sich nicht mal mit dem Spritgeld rechnen würde, was wir dafür aufbringen müssten. Auch in der nächsten Woche hat sie sich nicht gemeldet, ich musste sie von mir aus mehrmals anrufen und wurde wieder mit 4 Stunden vertröstet. Bei meiner nächsten Anfrage die Woche darauf hat sie sich nicht einmal mehr gemeldet. Was eine Zeitverschwendung!

Da dieses Café meine einzige und beste Chance war, habe ich die aktive Jobsuche erstmal pausiert und ein großes Privileg genutzt, was mir vermutlich deutlich mehr Stress ersparen wird: ich habe mir von meiner Familie Geld geliehen. Falls ich auf der weiteren Reise doch noch eine Möglichkeit finde zu arbeiten, werde ich sie auf jeden Fall nutzen, aber zwei Wochen lang erfolglos zu suchen, fühlt sich in einem Land wie Neuseeland nach purer Zeitverschwendung an. Da nutze ich die Zeit lieber und reise mehr und entdecke die Wunder, die dieses Land zu bieten hat!