Sayonara, Japan!
Dienstag, der 25.03.
10:01 Uhr (22h 53m), Beeke
Ich sitze gerade in einem McDonald’s in Fukuoka, Thies liegt mir gegenüber mit dem Kopf auf dem Tisch und schläft. Gestern haben wir um 23:50 Uhr den Nachtbus von Hiroshima nach Fukuoka genommen und waren um 05:30 Uhr schon da. Wir hatten dementsprechend also wenig Schlaf und ich kann Thies seine Müdigkeit wirklich nicht verübeln. Vor allem nicht, weil ich vorhin nochmal 1.5 Stunden am Busterminal geschlafen habe. Es war zwar auch nicht so gemütlich im Sitzen auf dem Fußboden zu schlafen, aber besser schlechter Schlaf, als kein Schlaf!
Der Flughafen ist nur 1.5 Stunden Fußweg von unserem jetzigen Aufenthaltsort entfernt und wir haben ja noch bis Morgen früh Zeit. Wir werden die nächste Nacht vermutlich in einem anderen McDonald’s verbringen, weil der Flughafen von 10:30 Uhr abends bis 6 Uhr morgens geschlossen hat. Mal sehen wie das so wird, aktuell ist mir hauptsächlich langweilig…
11:04 Uhr (21h 50m), Beeke
Wir sitzen immer noch an genau der selben Stelle. Thies hat sich mittlerweile sein aufblasbares Nackenkissen geholt, der Tisch war wohl doch etwas ungemütlich. Er schläft aber immer noch und ich sitze hier und schreibe den Artikel über unsere letzen Tage in Hiroshima und versuche nicht müde zu werden. Bis jetzt funktioniert es sehr gut, dafür bekomme ich langsam Hunger. Vielleicht gönne ich mir einfach mal Pommes. Ihr merkt also: Hier passiert nichts spannendes! Solche Reisetage bestehen hauptsächlich aus abwarten, langweilen und rumsitzen. Immerhin ist es hier schön warm!
11:47 Uhr (21h 07m), Beeke
Thies ist aufgewacht, wuhuuu!
12:51 Uhr (20h 03m), Thies
Guten Morgen, ich bin mittlerweile auch wach genug um einen Beitrag für diesen Artikel zu leisten. Nachdem ich uns gerade eben Pommes geholt habe, sitzen wir jetzt noch immer im zweiten Stock des Fast-Food-Ladens und sind abwechselnd produktiv und schreiben Artikel. Zwischendurch sind wir einmal nach draußen gelaufen, weil wir gesehen haben, dass auf der Straße kostenlose Monster Energy Getränke vergeben werden. Es scheint eine Werbeaktion zu sein und auch wenn es vielleicht nicht das gesündeste Getränk ist, sagen wir ganz sicher nicht Nein zu einem kostenlosen Getränk und Wachmacher für heute Abend!
Ich muss an der Stelle aber auch nochmal zurückgreifen und den Bus loben, mit dem wir heute Nacht hergefahren wurden. Denn auch wenn der Bus keine Betten hatte, so konnte man an jedem Sitz eine kleine Haube herunterfahren, ähnlich wie in einem Kinderwagen, um die Umgebung abzudunkeln. Außerdem waren zwischen allen Sitzen Trennwände, so konnte man sich besser anlehnen und musste sich keine Sorgen darum machen, den Sitznachbarn zu stören! Im Vergleich zu den Verkehrsmitteln mit denen wir in Thailand oder Laos gefahren sind, war das hier also ein absoluter Luxus!
13:55 Uhr (18h 59m), Thies:
So, wir haben genug vom rumsitzen und auch erstmal genug geschrieben, wir machen uns jetzt auf den Weg für die erste Etappe Richtung Flughafen. Wir haben zwar noch so überhaupt keinen Plan, was es auf dem Weg so sehenswertes gibt, aber das zeigt sich dann schon spontan. Wir sind auf jeden Fall motiviert, noch eine letzte japanische Stadt zu erkunden, bevor es dann morgen früh schon wieder in ein neues Land geht! Außerdem ist die Werbeaktion für die Monster Energy Drinks noch zwei mal wiedergekommen und wir haben die Chance genutzt, sitzen jetzt also auf sechs Dosen Energy! Wir können uns heute Nacht also bestimmt etwas wach halten, was mit unseren bisherigen 2,5 Stunden Schlaf auch nötig sein wird!

Was auch noch erwähnenswert ist, ist dass wir die Stadt Fukuoka leider fast komplett verpassen, obwohl wir ja doch einen vollen Tag hier verbringen. Leider ist es nicht mit unserem Budget vereinbar, hier eine Nacht zu bleiben, da die Unterkünfte erst bei 30€ pro Nacht pro Person starten und damit knapp doppelt so hoch sind wie unser absolutes Maximum, das wir für eine Nacht ausgeben wollen.
Dann kommt auch noch dazu, dass wir den gesamten Tag die großen Rucksäcke mitschleppen müssen. Wir haben uns dazu entschieden, den Weg aus der Innenstadt bis zum Flughafen zu laufen, um überhaupt etwas aus der Stadt zu sehen, aber das ist dann auch alles. Wir können nicht in Museen gehen, viel mit der Metro fahren oder lange durch Parks spazieren, da die ca. 13 Kilo auf dem Rücken einen dann doch runterziehen. Dazu kommt noch der fehlende Schlaf, laut unseren Fitness-Uhren haben wir beide in der Nacht nur eine Stunde geschlafen. Mit den späteren Naps liegen wir beiden zwischen zwei und drei Stunden, aber auch das ist noch längst nicht genug um den Tag aktiv zu verbringen. Der Weg zum Flughafen sind heute etwas über fünf Kilometer und das mit 13 zusätzlichen Kilo reicht dann auch als Aufgabe für heute. Immerhin können wir uns die Strecke so aufteilen, dass wir entspannt heute Abend bis Nacht dort ankommen.
15:02 Uhr (17h 52m), Thies
Wir haben uns erst einmal in den Park in der Nähe der Station gesetzt und die Sonne genossen. Zwischendurch habe ich Waffeln gekauft und wir haben Menschen beobachtet. Zum Beispiel eine Gruppe Mädchen in unserem Alter, die zusammen TikToks aufgenommen hat, oder eine etwas ältere Japanerin mit langen (und relativ ungepflegten Haaren, was total selten ist für Japan), die in der Mitte des Parks eine Reihe an… Tanz-Mantra-Übungen durchgegangen ist? Sie hat dauernd ihre Arme um sich geschwungen und sehr bedacht in kreisförmigen Bewegungen schweben lassen. Aber das war auch das größte Highlight das wir hatten.

15:59 Uhr (16h 55m), Thies
Wir sind gerade auf der Suche nach „Station Stamps“, die ja überall in Japan verteilt sind. Mit diesen Stempeln füllen wir beide jeweils ein Buch, um uns im Nachhinein gut an diese Reise zu erinnern! Alleine heute haben wir schon drei Stempel gesammelt!
17:01 Uhr (15h 53m), Thies
Der Weg geht weiter, wir sind einer Straße zum Fluss gefolgt und laufen diesen gerade entlang. Er geht ungefähr in die Richtung des Flughafens und führt uns dabei an einem Restaurant vorbei, in dem wir gleich Essen gehen wollen. Ein letztes Mal gibt es noch das typischste Essen, das Japan zu bieten hat: Ramen!
18:00 Uhr (14h 54m), Thies
Moment, wir essen gerade!

19:07 Uhr (13h 47m), Thies
Das war mit Abstand das beste Ramen, was ich in ganz Japan gegessen habe! Und das für einen wirklich günstigen Preis und sogar mit super netten Inhabern. In dem Restaurant war nur eine Kellnerin und ein Koch in der offenen Küche. Jedes Mal wenn jemand den Laden betreten oder verlassen hat, oder etwas bestellt, hat die Kellnerin sich bei der Person bedankt. Kurz darauf war jedes Mal ein lautstarkes, etwas verzögertes „Danke“ (natürlich auf Japanisch) aus der Küche zu hören, das der Koch hinterherrief. So ging es also die ganze Zeit unseres Essens lang, gestört hat das aber gar nicht, es war eher schön zu sehen, wie herzlich die beiden waren!
Als wir gegangen sind, haben wir noch einmal der Kellnerin gesagt, wie lecker das Essen war und sie hat sich daraufhin noch vier weitere Mal zusätzlich bedankt und der Koch hat uns aus der Küche auch noch zugelächelt! Richtig sympathische Menschen die beiden!
Wir sind mittlerweile jedenfalls wieder auf dem Weg Richtung Flughafen, beziehungsweise zu dem letzten Stop, den wir davor noch machen müssen.
20:19 Uhr (12h 35m), Thies
Wir sind angekommen, bei… (Trommelwirbel…) McDonalds! So wie am Anfang schon gesagt, endet der Tag wie er angefangen hat. Denn in Japan haben einige Flughäfen nachts komplett zu, aus Ruheschutzgründen für die Anwohner. So können wir die Zeit leider nicht dort verbringen, sondern sind etwa 20-30 Minuten Fußweg entfernt in einem McDonalds, der die ganze Nacht geöffnet ist. Wir haben gerade ein Eis bestellt, holen uns nachher noch etwas größeres zu Essen um keine Regeln zu brechen und hoffen einfach, dass wir nicht rausgeworfen werden. In japanischen McDonalds herrscht grundlegend eine „doors always open“ policy, also werden Kunden grundlegend nicht rausgeworfen, solange die Tische nicht anderweitig gebraucht werden oder sie Ärger machen. Und ich denke, solange wir hin und wieder etwas bestellen, werden wir wohl nicht vertrieben werden. Das wird schon. Wir suchen uns jetzt erst einmal einen Platz, an dem wir möglicherweise sogar etwas Schlaf bekommen können.
21:03 Uhr (11h 51m), Thies
Schlafplatz ist gefunden, wir sitzen im zweiten Stock in einer Ecke an einem Vierertisch. So stören weder wir, noch unsere Rucksäcke. Möglich ist nur, dass das zweite Stockwerk heute Nacht noch zu gemacht wird, weil es nicht gebraucht wird, dann müssen wir halt nochmal runter wechseln. Ansonsten ist alles relativ langweilig. Wir werden hin und wieder etwas von den Mitarbeitern angeguckt, die werden sich wohl schon denken was wir vorhaben, aber solange das niemanden stört ist ja alles gut.

22:20 Uhr (10h 34m), Thies
Laaangweiliiiig. Oder wie Beeke es ausdrücken würde: Laaaaaaaaaangweeeeiilliiiiiiiiiiiig!
Die gute Seite daran ist natürlich, das bislang alles sehr problemlos läuft. Gerade ist die letzte Schicht der Mitarbeiter gegangen und eine neue hat angefangen. Natürlich fallen wir hier als einzige Gäste auf, aber wir wollen uns sowieso gleich nochmal etwas zu Essen holen, dann können wir sicherlich noch etwas bleiben ohne angesprochen zu werden. Und falls das doch passiert, holen wir uns halt etwas neues zu Essen. Wir haben nur etwas Bedenken dabei, hier tatsächlich zu schlafen, weil das natürlich als relativ respektlos angesehen werden kann. Aber wir lassen es einfach auf und zukommen, von den Energy’s haben wir noch immer vier Stück und ganz zur Not können wir auch noch drei Kilometer zum nächsten McDonalds gehen, der 24/7 geöffnet hat. Heute ist es immerhin nicht kalt!
23: 35 Uhr (9h 19m), Thies
Okay, wir haben ein Problem. Wir dachten ja eigentlich, der McDonalds hat sowieso die ganze Nacht auf, solange wir genug bestellen können wir lange bleiben. Natürlich muss nur genau heute zwischen 23 Uhr und 06 Uhr morgens der Innenraum renoviert werden, weswegen die Filiale geschlossen wird. Zu finden war dies auch als Ansage auf der Außentür, aber leider nur auf japanisch. So sitzen wir jetzt gerade vor dem nächstgelegenen Einkaufsladen und überlegen, wo man denn stattdessen die Nacht verbringen könnte. Wir haben beide überhaupt keine Sicherheitsbedenken, es gibt nämlich unzählige Gebäude, die die ganze Nacht geöffnet haben. Sei es ein Manga Café, eine Bar oder ein Spiel-Geschäft (alles zwischen Glücksspiel, Tanzspiele und Fußball), wir finden auf jeden Fall einen warmen Ort. Das Problem das wir haben ist eher, dass wir die Nacht nicht komplett wach bleiben wollen. Morgen früh stehen noch immer zwei Flüge an, einer davon international, da wollen wir wenigstens einigermaßen wach und anwesend sein.
Wir haben uns jetzt dazu entschieden, einfach zu einem Park in der Nähe zu laufen. Wir haben heute Nacht Tiefsttemperaturen von 15°C, man könnte also abwechselnd schlafen und so die Nacht rum bekommen. Das ist zwar nicht gerade schön, aber definitiv besser als überhaupt nicht zu schlafen. Wir haben bereits die Geschäfte in der Nähe durchgeguckt und leider hat keins davon einen offenen Sitzbereich, uns bleibt für die Hoffnung auf Schlaf also nicht wirklich etwas anderes übrig.
00:44 Uhr (8h 10m), Thies
Mir fehlen die Worte. Ihr werdet niemals (!) erraten, was uns gerade passiert ist. Als ich gerade von den beiden jungen Erwachsenen geschrieben habe, die uns bei 7/11 über den Weg gelaufen sind, haben wir uns dabei überhaupt nichts gedacht. Doch als wir mittlerweile schon etwa 20 Minuten im Park saßen, sahen wir die beiden wieder – im gleichen Park, in den gleichen kurzen Outfits.
Irgendwann kamen sie mit Google Übersetzer auf uns zu und fragten uns, ob sie uns irgendwie weiterhelfen könnten. Wir, etwas verzweifelt, entschieden uns, einfach von unserer Situation zu erzählen: „Wir haben kein Hotel für heute Nacht, deswegen überlegen wir hier im Park zu schlafen. Denkt ihr das ist sicher?“
Als Antwort bekamen wir gleich ein nickendes „Ja klar, das ist sicher“ im Übersetzer angezeigt. Danach redeten die beiden etwas auf japanisch und guckten sich immer wieder um, wir haben erstmal nur abgewartet um zu sehen, was sie als nächstes sagen würden. Vielleicht eine Empfehlung für ein günstiges Hostel?
Nein. Als Nächstes standen im Übersetzer die Worte: „Ich habe zwar kein Extra Bett, aber wieso verbringt ihr die Nacht nicht bei mir?“
Ihr könnt euch vorstellen, wir waren völlig überrascht. Sprachlos und etwas überfordert nahmen wir das Angebot sehr dankend an und folgten den beiden in Richtung Gebäudekomplex. Auf dem Weg stoppten sie noch bei dem gleichen 7/11 von vorher, fragten uns noch ob wir auch etwas zu Essen wollen und gingen dann hinein. Wir brauchten nichts, wir hatten ja direkt vorher gegessen. Trotzdem kamen sie mit zwei Flaschen Fruchtsaft und einer große Packung Chips wieder raus, drückten uns alles in die Hand und akzeptierten überhaupt kein „Nein“. Wir mussten die Gastfreundschaft also wohl oder übel annehmen und gingen mit in die Wohnung. Begrüßt wurden wir dort von einer zwei Zimmer Wohnung, abgetrennt durch eine Schiebewand. Sie räumten noch schnell etwas Müll weg, klappten das Sofa aus und legten eine Matratze auf den Boden, soviel zu „Ich habe kein Extra Bett“.
Ja, und jetzt sitzen wir hier. In einer fremden Wohnung, völlig überwältigt von der japanischen Gastfreundschaft und überglücklich, dass wir nicht im Park schlafen müssen. In fünf Stunden klingelt auch schon unser Wecker, ich gehe jetzt also lieber schnell schlafen, damit wir morgen noch den Weg zum Flughafen finden.
Gute Nacht!

Mittwoch, der 26.03.
08:54 Uhr (00h 00m), Thies
Liftoff!

11:35 Uhr, Beeke
Vor drei Stunden saßen wir im Flugzeug und sind mittlerweile schon wieder sicher gelandet und warten auf unseren Anschlussflug. Die letzte Nacht lässt mich immer noch etwas sprachlos zurück. Ich habe großartig geschlafen, womit ich vorher niemals gerechnet hätte. Wir hatten zwar nur knapp fünf Stunden, aber ich habe geschlafen wie ein Stein! Um kurz vor sechs hat Thies mich geweckt (er war aus irgendeinem Grund schon kurz vor dem Wecker aufgewacht), wir haben uns fertig gemacht und sind dann um zwanzig nach sechs losgelaufen. Unsere unerwarteten Gastgeber sind sogar noch mit uns aufgestanden, haben uns zum Ausgang des Gebäudekomplexes gebracht, uns dort winkend verabschiedet und sind dann wieder schlafen gegangen. Wir haben vorher noch kurz mit ihnen über Google Übersetzer „geredet“. Offenbar arbeitet die Frau bei einer Solaranlagen Firma und ihr Partner macht irgendetwas mit IT. Zwei ganz normale Menschen, die um halb ein Uhr nachts spontan entschlossen haben zwei wildfremde Reisende bei sich aufzunehmen. So eine Offenheit und Freundlichkeit habe ich bisher noch nie erlebt und ich bin unfassbar dankbar dafür!
Am Flughafen lief alles super. Wir hatten auf dem Weg schon einen der Energydrinks getrunken, um uns wach zu halten und haben dann kurz vor dem Security Check den zweiten getrunken. Völlig problemlos sind wir durch die Sicherheitskontrollen gekommen und waren gerade pünktlich zum Boarding am richtigen Gate. Wir saßen zwar nicht nebeneinander, aber die Fernbeziehung eines 40 Minuten Flugs mit Sitzen in den Reihen hintereinander haben wir gerade noch so überstanden ohne verrückt zu werden.
Und jetzt sind wir in Südkorea!
Genauer gesagt in Busan, wo wir in drei Stunden nach Jeju umsteigen werden. Wir haben schon versucht Geld zu wechseln (mittlerweile haben wir noch übriges Geld aus Japan, Thailand und Laos), aber der Automat hat nicht funktioniert. Also gehen wir später nochmal zu einem normalen Schalter, das sollte wohl besser passen.
Ein toller Artikel, der mich komplett mitgenommen hat durch Eure beiden etwas anstrengenden, laaaangweeeiiiligen und doch sehr aufregenden Nächte. Was für ein Glück, dass es tolle Menschen gibt, die einen ohne Hintergedanken in ihr Leben einladen. Eine sehr feine Erinnerung…
Super, diese Geschichte, vielen Dank!!