Taupō: Wasserfälle und Geothermische Kratern
Direkt am nächsten Tag nach Thies‘ 20. Geburtstag haben wir uns endlich mal dem Problem gewidmet, was uns schon seit einem Monat beschäftigte: unsere Autobatterie. Denn am Morgen des nächsten Tages sprang unser Motor schon wieder nicht an. Im Regen sind wir also mal wieder von einer Werkstatt zur nächsten gelaufen und haben endlich eine gefunden, die uns helfen konnte. Einer der Mitarbeiter ist in einem Firmenauto mit zu unserem Parkplatz gekommen, hat uns einen Jumpstart gegeben und wollte sich dann in der Werkstatt wieder mit uns treffen. Nach einem kurzen Blick auf die Batterie, aus der an einem der Pole schon türkis-blaue Flüssigkeit austrat, war klar, dass wir eine neue benötigen würden. Uns blieb also nichts anderes übrig, als das Geld für eine neue Autobatterie auszugeben. Dafür sollten wir endlich die Probleme mit dem Starten überwunden haben!

Am nächsten Tag, dem 30. Juli ging es für uns dann endlich weiter auf unserer Reise durch Neuseeland. Dafür sind wir nicht wieder nach Süden gefahren, sondern nach Osten in die Mitte des Landes. Mit der Hoffnung in der Stadt Taupō einen Job zu finden, sind wir also die zwei Stunden nach Osten gefahren.
Während unserer Zeit dort bin ich an mehreren Tagen durch die Innenstadt gelaufen und habe meinen Lebenslauf in Restaurants, Cafés, Hotels, Ferienparks und Campingplätzen abgegeben. Insgesamt habe ich meine Daten bei wohl über 20 verschiedenen Läden abgegeben, die nicht sofort meinten, dass sie aktuell niemanden suchen. Leider war der Erfolg bei all diesem Aufwand sehr gering. Ich habe kaum eine Antwort bekommen, wurde wenn dann oft sofort abgewiesen oder hätte nur einen Minijob bekommen, wenn ich mindestens 2 Monate dort gearbeitet hätte. Einen Vollzeitjob für einen Monat zu finden war deshalb nahezu unmöglich. Diese Jobsuche war für mich vermutlich die stressigste Zeit der gesamten Reise. Ich fühle mich sehr unwohl bei Bewerbungsgesprächen und immer wieder in die verschiedenen Geschäfte hineinzulaufen war für mich ein ganz schöner Albtraum. Durch die wenigen Antworten und den ständigen Misserfolg war ich zusätzlich auch schnell demotiviert und nicht mehr sonderlich optimistisch. Thies war in der Zeit wirklich großartig und hat mich mehrmals motiviert es immer wieder zu versuchen.
Damit die Tage nicht nur mit der vergeblichen Jobsuche gefüllt sein würden, haben wir uns natürlich auch die Stadt und ihre Umgebung angesehen.
Bei dem Herumfragen in der Innenstadt haben wir einen sehr besonderen McDonald‘s gefunden. Das Geschäft selbst sah sehr normal aus und bestand aus einem Innenbereich sowie einem kleinen Spielplatz mit überdachten Tischen draußen. Das einzigartige war jedoch der dritte Ort zum Essen. Denn direkt neben dem Spielplatz stand ein kleines Flugzeug! In dem kleinen Passagierflugzeug waren Tische vor den runden Fenstern eingebaut und selbst in das Cockpit konnte man einen Blick werfen. Der Flieger wurde in den 40ern gebaut und stand bereits auf dem Gelände, als es viele Jahre später von McDonald‘s gekauft wurde. Alleine um dieses Flugzeug zu sehen (und um eine kleine Pause von der Jobsuche zu bekommen) haben wir uns eine Pommes geteilt und sie in dem Flugzeug verspeist.

Neben dieser kleineren Attraktion waren die „Huka Falls“ mein absoluter Lieblingsort in Taupō! Die Falls entstehen an einer Stelle, an der der „Waikato River“, der durch Taupō fließt, durch eine besonders Enge Passage fließen muss. Vor und nach den Huka Falls fließt der Fluss als sehr breiter und nicht allzu reißender Strom aus der Stadt hinaus. An dieser Engstelle jedoch ist das Wasser richtig tosend und fällt am Ende sogar in einem kleinen, aber sehr reißenden Wasserfall hinab. Dazu ist die Farbe des Wassers dort richtig unwirklich und leuchtet bei Sonnenschein geradezu in einem leuchtenden Türkis.

Über diese stürmischen Stromschnellen führt eine Brücke auf die andere Seite des reißenden Flusses und dort haben sich zu jeder Tageszeit immer viele Touristen gesammelt, die sich die Huka Falls angucken wollten. Wir selbst waren mehrmals dort, weil es zu beiden Seiten viele große und kleine Wander-/Laufwege gibt, die an dem Fluss entlangführten. Leider sind die Wege auch zum für Mountainbiker gedacht, weshalb es viel bergauf und bergab ging. Die 10km am Fluss hoch und runter zu laufen war dementsprechend ziemlich anstrengend. Auf dem Weg sind mir tatsächlich auch mehrere Menschen auf ihren Mountainbikes entgegengekommen. Hier in Neuseeland wird das Fahrrad fahren nur selten als Transportmittel und dafür viel als Hobby betrachtet. In ganz Neuseeland gibt super viele Bike-Tracks wie hier neben den Huka Falls und in den allermeisten Städten gibt es auch sehr gut besuchte Skateparks.

Ein Stück weiter flussabwärts gab es noch eine andere Besonderheit, die mit dem selben Fluss zu tun hatte. Denn dort wird der Waikato River in einem großen See durch einen Damm gestaut. Solange es keine starken Regenfälle gibt wird das Wasser dreimal am Tag kontrolliert durch die Klappen gelassen, um Überschwemmungen zu verhindern und vor allem Strom zu generieren. Etwas eine halbe Stunde lang schießt das Wasser aus dem 12 Meter hohen Damm und füllt den darunter liegenden Flusslauf komplett aus. Als wir das erste Mal auf dem Damm standen, konnte ich mir nicht vorstellen, wie hoch das Wasser noch werden würde.

Zuzusehen, wie 90.000 Liter pro Sekunden aus der kleinen Öffnung schießen war zwar beeindruckend, wurde jedoch noch von der Tatsache übertroffen, dass wir wirklich zusehen konnte, wie der Wasserspiegel des Flusses Zentimeter für Zentimeter anstieg. Vor der Öffnung des Dams war der Fluss einfach ein kleiner, ruhig fließendes Flüsschen, was sich in einem großen See sammelte und dann mehrere kleine Wasserfälle hinunter fiel, bis es insgesamt fast 30 Meter weiter unten gemächlich weiter geradeaus floss. Einige Minuten vor 12 Uhr ertönten die ersten Warnsignale über Lautsprecher am Flusslauf entlang, die sich in den nächsten Minuten noch mehrmals wiederholten, falls sich verbotenerweise doch Menschen im Fluss befänden. Um Punkt 12 Uhr öffneten sich die Klappen und das Wasser schoss in einem großen Bogen heraus. Der kleine See vor uns wurde in den nächsten Minuten immer größer und trat Meter für Meter über seine Ufer. Bäume, Büsche und Felsen wurden unter Wasser gesetzt und am Ende war der Wasserstand bestimmt zwei Meter höher als am Anfang. Die Veränderungen blieben aber nicht beim See, auch die kleinen Wasserfälle konnten die hunderttausende an Litern nicht einfach den Fluss hinunter tragen. Sie wurden größer und größer, reißender und reißender, bis sie irgendwann einfach überrollt wurden und ganz verschwanden. Der Wasserstand war zu hoch für die kleinen Felsen und so schoss der Fluss einfach das Tal hinab. Ganz in der Ferne konnten wir Schnellboote mit vielen Menschen darauf erkennen. Die Aratiatia-Stromschnellen verdienten den Namen wirklich und zogen so viele Touristen an, die das Spektakel von der Wasserseite aus betrachten wollten.

Nach einer halben Stunde schlossen sich die Tore wieder und es kam nur noch wenig Wasser nach. Dann konnten wir die ganze Entwicklung rückwärts beobachten. Zuerst sank der Wasserspiegel des gewachsenen Seebeckens und am Rand kamen wieder Büsche, Bäume und Felsen zum Vorschein. An den Felsen, die das Becken umgaben, konnten wir sehen, wie hoch der Wasserstand zum Höchstzeitpunkt war und wie stark er dann plötzlich wieder sank. Nach der ursprünglichen Größe des Sees tauchten die kleinen Wasserfälle und Steine wieder auf, über die das Wasser floss. Bis der Fluss seine ursprüngliche Höhe erreicht hätte, würde es vermutlich noch ein paar Stunden dauern, das haben wir uns jedoch nicht angesehen. Dafür haben wir uns die Öffnung des Damms zweimal aus unterschiedlichen Perspektiven angesehen, denn praktischerweise war direkt daneben ein Freedom Campingplatz!
Die meisten Nächte haben wir jedoch auf einem anderen, großartigen, riesigen Campingplatz am großen Lake Taupō verbracht. Der Kratersee ist der größte See in ganz Neuseeland und sieht tatsächlich eher aus wie ein Meer! Wir sind oft am Ufer entlang gelaufen und mit den plätschernden Wellen neben sich, dem Wasser, was bin in die Ferne reichte, und der kleinen Insel in der Mitte des Sees war es wirklich schwer sich vor Augen zu halten, dass wir an einem See standen. Der Stellplatz am Ufer war ebenfalls riesig und es gab keine festen Parkplätze. Wir haben uns einfach jeden Abend eine möglichst gerade Stelle auf dem Rasen gesucht und hatten viel Platz zu allen Seiten!

An diesem Ort haben wir am 08. August dann auch Thies‘ einjähriges Reisejubiläum gefeiert. Passend zum Tag hatten wir traumhaftes Wetter und haben uns einfach nach draußen gesetzt und Pfannkuchen und Apfelcrumble gegessen. So lässt es sich wirklich gut feiern!

Am nächsten Tag habe ich die Jobsuche in Taupō schließlich abgebrochen. Ich war es einfach Leid jeden Abend mit Telefonieren, E-Mails schreiben und der weiteren Suche nach möglichen Arbeitsplätzen zu verbringen ohne auch nur die leiseste Chance auf Erfolg zu haben. Wir haben also beschlossen in der nächsten Stadt weiterzusuchen und Taupō damit hinter uns zu lassen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir ja auch schon fast zwei Wochen in dieser Stadt verbracht und kannten unsere Alltagswege zum Supermarkt, zu den Huka Falls und zu unserem Stellplatz schon auswendig. Dieses Gefühl von Vertrautheit war wirklich schön, aber bedeutete natürlich auch, dass wir eben schon alles gesehen hatten. Also hieß es für uns: Weiterziehen.
Bevor wir jedoch ganz nach Rotorua fahren würden, stand noch ein letzter Ort in der Nähe für uns an. Denn Neuseeland liegt nicht nur auf einer tektonischen Platte, sondern gleich auf Zweien. Die Grenze der Australischen Platte und der Pazifischen Platte verläuft queer durch die Südinsel und sorgt so im gesamten Land für Erdbeben und andere interessante geologische Aktivitäten. Eine solches Phänomen sind die geothermalen Aktivitäten, die die gesamte Region um Taupō herum prägen. Besonders gut Kamm man diese besonderen Erscheinungen bei den sogenannten „Craters of the Moon“ beobachten. Wir sind nachmittags dort angekommen und konnten für nur 5€ das Gelände betreten. Über erhöhte Holzwege sind wir dann etwa zwei Stunden durch die felsige Landschaft gelaufen und konnten dabei direkt sehen, wie das Land durch die vulkanische Aktivität geprägt wird. An vielen Stellen strömt heißer Qualm aus der Erde, die ganze Gegend ist verhangen von diesen Wolken und an manchen Stellen konnten wir nichtmal den Boden sehen. Außerdem ist der Stein unterschiedlich gefärbt, je nachdem ob dort vor allem Eisen, Schwefel oder Quecksilber austritt. Wenn man im Rauch selbst stand konnte man auch den sehr unangenehmen Geruch wahrnehmen, der mich etwas an den Mount Ijen in Indonesien erinnert hat, wobei man hier deutlich besser atmen konnte.

Wir standen auch mehrmals am Rand von kleinen und größeren Kratern, die durch den Druck und die vulkanische Aktivität den Boden über sich weggesprengt hatten. Noch heute gibt es die Gefahr solcher Vulkanausbrüche und die Gegend wird extra überwacht, damit keine Besucher gefährdet werden. Dafür gab es auch alle paar hundert Meter Lautsprecher am Wegesrand, die bei unnatürlichen Messwerten zur Evakuierung rufen können. Wir hatten aber Glück und konnten unseren Spaziergang durch die zerklüftete Landschaft voll und ganz genießen. Wir konnten die vielen Blasen sehen, die in den Matschbecken aufgestiegen und an der Oberfläche geplatzt sind.

Das Highlight, was in den letzten 200 Jahren Besucher an diesen Ort gelockt hat, ist heutzutage aber nicht mehr existent. Der Karapiti-Geysir war für Besucher aus der ganzen Welt eine Attraktion. Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden zur Unterhaltung der Touristen verschiedenste Gegenstände und sogar Feuerwerkskörper in den Geysir geworfen, die dann durch den großen Druck in die Höhe geschleudert wurden. In den 50ern wurde dann ein geothermisches Kraftwerk gebaut und daraufhin hat sich der Druck stark verändert und die geothermale Aktivität in der Region veränderte sich deshalb mit. Deshalb gibt es diesen spektakulären Geysir heutzutage nicht mehr, allerdings haben wir an der Stelle, wo er mal war, alte Photos gesehen. Das Kraftwerk ist auch heute noch in Betrieb, weshalb in der gesamten Gegend um Taupō herum viele dicke Metallrohre verlegt sind, die das heiße Wasser aus dem Boden in die eine Richtung und das abgekühlte Wasser wieder in die Tiefe zurück bringen.
Auch wenn wir an diesem Tag keinen Geysir sehen konnten, war der Besuch bei den „Craters of the Moon“ wirklich beeindruckend und ein richtig spannendes und informatives Erlebnis! Nachdem wir uns dort genug umgesehen hatten, haben wir Taupō schließlich verlassen und sind nach Rotorua gefahren. Von der geothermischen Aktivität mussten wir uns jedoch noch nicht verabschieden, denn da hat auch Rotorua einiges zu bieten!