White Crater – In erster Reihe dabei

Hallo und willkommen zurück!

Der letzte Artikel ist ja schon eine ganze Weile her, denn es ist auch viel passiert. Mittlerweile haben wir schon einen weiteren (etwas stressigen) Länderwechsel hinter uns und haben deshalb leider wenig Zeit zum Schreiben gefunden. Langsam findet sich aber alles wieder ein und wir haben ein paar bittenden Anfragen („Leider im Juni nur ein Artikel“ oder „Vielleicht gibt es dann ja Fortschritte auf dem Reiseblog“) als Anlass genommen hier mal wieder ein paar Updates zu geben.

Und jetzt heißt es: Viel Spaß mit dem nächsten Artikel!

 

Am ersten Mai haben wir die Hauptstadt Indonesiens hinter uns gelassen und sind zwei Stunden mit einem Reisebus nach Bandung gefahren. Auf diesen Busreisen ist mir das erste Mal wirklich klar geworden wie groß Java und damit auch gesamt Indonesien sein muss. Denn trotz der zweistündigen Fahrt liegt Bandung, genau wie Jakarta, immer noch im Westen von Java. Eine weitere Ähnlichkeit der beiden Städte ist die Größe, denn Bandung beheimatet über 7 Millionen Menschen und ist damit der zweitgrößte Ballungsraum Indonesiens.

Wir haben uns für die zwei Nächte in der riesigen Stadt in einem AirBnb eingemietet. Unser Zimmer lag in einem großen, grauen Wohnkomplex in der Mitte der Stadt. Das Gebäude war O-förmig aufgebaut, ca. 20 Stockwerke hoch und rund um die Uhr von Sicherheitspersonal bewacht. Wenn man einmal den Wachposten am Eingang hinter sich gelassen hatte, war vor einem eine eigene kleine Stadt – mitten in der Stadt! Wir konnten dort innerhalb der geschützten Mauern unsere Wäsche waschen lassen, einkaufen und zu jeder Uhrzeit in einem der unterschiedlichen kleinen Straßenstände etwas essen. Außerdem gab in der Mitte des „O“s eine große Sportanlange mit einem großen Pool und einem Fußballplatz, auf dem gerade abends viele spielende Kinder anzutreffen waren.

Dabei muss ich noch erwähnen, dass sich der ganze Komplex zwar sauber und sicher, aber nicht sonderlich luxuriös angefühlt hat. Die Zimmer sahen von außen sehr gleich und nicht wirklich groß aus. Wenn man vom Innenhof nach oben schaute, blickte man auf dutzende Reihen von kleinen, grauen Balkons in den immer gleichen Abständen.

Wohnkomplex in Bandung

Auch die Bewohner:innen dieses Wohnkomplexes wirkten nicht übermäßig wohlhabend oder superreich (obwohl der hauseigene Pool auf den ersten Blick vielleicht anders wirkt). Meinem (deutschen) Bauchgefühl nach haben wir uns dort in der finanziellen Mittelschicht bewegt. Allerdings werden das viele Indonesier:innen wohl auch anders bewerten, denn für viele von ihnen wird ein solcher Wohnort wohl leider nur ein Traum bleiben.

Unter dem Balkon unseres Zimmers im zwölften Stock schlängelte sich eine vielbefahrene Straße entlang. Auf der anderen Seite waren deutlich weniger Hochhäuser zu erkennen. Bis in die Ferne standen dort viele kleinere, deutlich einfachere Häuser dicht aneinander gedrängt und haben mal wieder sehr gut verdeutlicht, wie groß die finanziellen Unterschiede in Indonesien sind.

Blick über Bandung von unserem Balkon

Wir haben neben dem Pool natürlich auch die anderen Vorzüge dieses großen Hauses genutzt. Durch das Sicherheitspersonal habe ich mich in der Kühle des Abends auch alleine nach unten getraut und war das erste Mal in Indonesien laufen. Immer nur um den Block zu rennen ist zwar nicht die spannendste Laufstrecke, aber ich habe es trotzdem sehr genossen. Am allerersten Abend haben wir noch etwas anderes entdeckt, was die Aussicht von unserem kleinen (etwas unsicher wirkenden) Balkon deutlich in den Schatten gestellt hat. Denn neben einem öffentlichen Pool hatte das Gebäude auch noch eine Dachterasse! Gerade im Dunkeln war es total schön über die funkelnde Stadt zu blicken. Selbst am späten Abend hat man dort oben immer noch den Lärm der Straßen gehört, aber zumindest stand man nicht mehr in den Abgasen, dem Staub und dem Gestank der vielen Autos und noch mehr Roller.

Am dritten Mai haben wir unsere Unterkunft schon wieder verlassen und haben uns auf den Weg nach Osten gemacht. Vorher haben wir uns jedoch noch die Zeit für einen Umweg genommen. Gegen neun Uhr morgens ging es mit einem „Grab“-Auto (eine sehr beliebte Taxi-Firma) los. Wir haben unseren Fahrer für fünf Stunden gebucht, denn das Tagesziel lag ein gutes Stück außerhalb. Nach einer Stunde Fahrt haben wir die Großstadt Bandung langsam verlassen und sind auf immer dörflicher werdenden Straßen nach Südwesten gefahren. Unser Fahrer hat den Verkehr dabei grandios gemeistert, obwohl die Regeln hier offenbar noch weniger galten, als in der Stadt. Die Straßen waren eng, kurvig und voll mit Rollern. Ich wäre hier höchstens 30 gefahren, aber der Grab-Fahrer schien weniger Hemmungen zu haben und so sind wir mit 60 und teilweise sogar 80 über die Straßen gedüst und haben ohne zu zögern in diesem Tempo auch diverse andere Autos überholt – auf der viel befahrenen Gegenspur!

Es ging langsam immer weiter bergauf, an Reisfeldern und kleinen Dörfern vorbei, bis wir einen Parkplatz erreicht hatten.

Nach etwa als 2,5 Stunden Fahrt waren wir am „Kawah Putih“, auch genannt „White Crater“ angekommen. Dabei handelt es sich um den See, der sich im Krater des Vulkans „Mount Patuha“ gebildet hat, nachdem dieser ausbrach. Den Namen des Weißen Krater hat die Gegend wirklich verdient, denn der Bereich um den See ist leer, weiß und wirkt ziemlich tot.

Denn das Wasser im Krater hat eine sehr hohe Konzentration an Sulfur, weshalb man dort nicht mehr als 15 Minuten verbringen soll, worauf mehrere Warnschilder am Zugang hinweisen. Allerdings halten sich daran recht wenige Touristen, denn der See bietet ein perfektes Fotomotiv. Die Farbe ist stechend türkis, was gerade im Kontrast zu der kargen Umgebung sehr unwirklich aussieht. Wir sind dort am Steinstrand entlang gelaufen und haben versucht diesen unecht erscheinenden Ort zu begreifen. Auf der gegenüberliegenden Seite des zugänglichen Strandes steigt gelblicher Rauch aus Löchern im Fels in den Himmel und auch am Rand des Wasser gibt es gelbliche Ablagerungen. Wirklich kein Ort zum Schwimmen!

White Crater – ein Sulfursee

Während die meisten Touristen die  15-Minuten-Regel schon nicht beachten, gilt dies ganz sicher nicht für die Tour Guides. Denn dort an diesem schönen, gefährlichen Ort haben einige Indonesier sich ein Geschäftsmodell aufgebaut. Sie haben geführte Touren, professionelle Fotos oder Pferdereiten (in der Umgebung, nicht direkt am See) angeboten. Dafür haben sie den ganzen Tag am Sulfursee verbracht, um Touristen anzusprechen und für ihre Aktivitäten zu werben. Das kann wirklich nicht gesund sein!

Wir haben natürlich nicht so lange dort aufgehalten, immerhin mussten wir noch zurück nach Bandung kommen! Nachdem wir also genug gesehen (und gerochen, die Luft roch sehr faulig nach alten Eiern) hatten, haben wir uns zu unserem Fahrer zurück begeben und sind mit ihm wieder zwei Stunden nach Bandung gefahren.

Diesmal hat uns unser Fahrer direkt an einem Busbahnhof abgesetzt. In Indonesien gibt es kein offizielles System für Busses, deshalb hat jede der vielen Busgesellschaften ihre eigenen Haltestellen. Nachdem wir schon insgesamt vier Stunden im Taxi gefahren waren, ging es für uns am Nachmittag noch sechs weitere Stunden mit einem Reisebus nach Osten. Eineinhalb der sechs Stunden haben wir dabei nur damit verbracht aus den erstaunlich verwinkelten Gassen Bandungs herauszukommen. Ich bin wirklich schwer beeindruckt von den Fahrkünsten des Busfahrers, denn er ist mit diesem riesigen Bus durch Straßen gefahren, bei denen ich schon mit einem Auto vorsichtig gewesen wäre!

Abends gegen 23 Uhr sind wir endlich in Semarang angekommen. Die Hafenstadt liegt ziemlich mittig auf Java an der Nordküste. Dort haben wir im kleinsten und günstigsten Hotelzimmer der bisherigen Reise geschlafen. Für knappe drei Euro pro Person haben wir ein Zimmer mit einem Doppelbett im Zentrum der Stadt bekommen. In dieses Zimmer haben, neben dem Bett, noch ganz knapp noch unsere Rucksäcke gepasst, dann war es auch schon voll! Das ist zwar sehr klein, aber nach einem Fahrtag mit über zehn Stunden Fahrt reicht es auch, um einfach ins Bett zu fallen.

Für den nächsten Tag hatten wir gar nichts geplant und haben noch überlegt einfach drinnen zu bleiben und ein bisschen Pause zu machen. Zum Glück haben wir uns dagegen entschieden, sonst hätten wir ein sehr überraschendes Highlight der gesamten Reise verpasst!

Semarang ist sehr süß, hat aber nicht wirklich viel zu bieten. Eine Sehenswürdigkeit ist der buddhistische „Wisata Sam Poo Kong“ Tempel. Wir haben uns davon nicht so viel besonderes erwartet, immerhin haben wir in Thailand schon die unterschiedlichsten Tempel gesehen, aber wir wollten ihn uns trotzdem gerne ansehen.

Schon bei der Ankunft auf dem großen Tempelgelände haben wir bemerkt, dass deutlich mehr los ist, als es bei anderen Tempelbesuchen der Fall war. Vor dem großen, roten Haupttempel waren viele Stände aufgebaut, die Essen und Getränke verkauft haben. Auf dem gesamten Gelände waren viel Menschen unterwegs, jedoch kaum Touristen. Semarang ist keine typische Stadt für Reisende, weshalb uns das kaum überrascht hat. Wir haben uns von den (wie immer) neugierig starrenden Blicken nicht irritieren lassen und sind die Treppenstufen zu dem Haupttempel empor gestiegen. Dort bot sich uns ein überraschender Anblick: Von einer Bühne am anderen Ende des Tempels tönte uns laute Musik entgegen, davor waren viele Stühle aufgereiht. Auf der Bühne tanzte eine Gruppe junger Erwachsener in bunten Kostümen zu der Musik. Aber auch im Zuschauerraum gab es viele Tanzgruppen unterschiedlichen Alters, die in verschiedenen Trachten und Kostümen gekleidet waren und oft bunter Schminke und aufwändigen Frisuren trugen. Ohne es zu ahnen waren wir in eine Vorstellung von unterschiedlichsten typisch-indonesischen Tänzen hineingestolpert!

Während wir fasziniert von der fremdartigen Musik und den unbekannten Tänzen waren, wurden wir auch wieder schnell aufmerksam beobachtet. Eine Leiterin einer Gruppe ist zügig auf uns zugekommen und hat um ein Gruppenbild von uns mit den ca. 10 Tänzer:innen gebeten. Dadurch ist dieses Bild entstanden:

Gruppenfoto mit Tanzgruppe

Wir haben einigen der Vorführungen zugesehen und waren beeindruckt von der Vielfältigkeit. Einige Gruppen haben mit Tüchern, Ringen, Instrumenten, Fächern, Sonnenschirmen und vielem mehr gearbeitet. Andere sind ganz ohne Requisiten ausgekommen und waren nicht minder beeindruckend. Auch die Art der Tänze war sehr unterschiedlich in der Musik, den Rhythmen und den Tänzen selbst. Für mich war alles sehr fremd, deshalb kann ich die Unterschiede schlecht in Worte fassen. Nach einer halben Stunde haben wir uns von der Bühne abgewandt und haben uns den Rest des Geländes angesehen. Die verzierten Tempel waren auf dem großen Gelände verstreut und überall waren einige wenige Menschen, die gebetet haben.

Japanische Tore in Indonesien

Als wir alles gesehen hatten, sind wir wieder zum Haupttempel zurückgekehrt. Bevor wir uns auf den Rückweg zum Hostel machen mussten, wollten wir noch einmal den Tänzer:innen zusehen. Nach nur wenigen Minuten ging die letzte Gruppe von der Bühne. Das haben wir auch nur daran erkannt, dass die Moderatorinnen danach lange geredet haben. Um was es genau ging konnten wir natürlich nicht verstehen, immerhin haben alle nur Indonesisch gesprochen. Als absehbar war, dass die Veranstaltung zu Ende ist, wollten wir uns zum Gehen wenden.

Und da ging alles erst richtig los! Die Moderatorin war offenbar gerade fertig, denn sie kam von der Bühne herunter – und genau auf uns zu! Auf Englisch hat sie uns gefragt, ob wir mir zur Bühne kommen wollen und uns dabei nicht wirklich eine Wahl gelassen. Gezwungenermaßen und auch sehr neugierig sind wir also mit zur Bühne gekommen. Das hat nur nicht gereicht und so standen wir wenige Augenblicke später AUF der Bühne. Sie hat uns ein Mikro unter die Nase gehalten und uns gefragt wo wir herkommen, wie wir heißen und wie uns die indonesischen Tänze gefallen haben – sehr gut! Unsere Antworten hat sie dann für die begeistert blickenden Zuschauer übersetzt. Damit war der leichte Teil unseres ungeplanten Bühnenauftritts geschafft, denn dann wurden wir nach und nach von allen Tänzern umgeben. Wir wollten uns eigentlich weiter hinten verstecken, wurden von der Moderatorin jedoch gnadenlos in die zweite Reihe, direkt hinter eine Gruppe junger Mädchen, gestellt.

Dann ging die Musik los und alle fingen an im Takt zu tanzen. Und wir? Wir haben unser bestes gegeben und die Tanzschritte nachgeahmt. Als Referenz hatten wir nur ein paar Erwachsene, die vor der Bühne tanzten. Alle konnten den Tanz perfekt auswendig und hatten aufwendige Kostüme an. Da sind wir mit unserer Alltagskleidung und als einzige Europäer natürlich sehr aufgefallen. Obwohl wir uns vermutlich total blamiert haben und keinen einzigen Takt richtig hinbekommen haben, überwog bei mir sehr schnell ein Gefühl: Spaß!

Denn auch wenn ich völlig überfordert war den schnellen Schritten hinterherzukommen, habe ich mich doch nicht wirklich unwohl gefühlt, sondern habe versucht so viel Freude wie möglich an diesem unerwarteten Ereignis zu haben. Nach dem ersten Tanz kam noch ein zweiter, den wir natürlich ebensowenig konnten. Danach hatten wir es geschafft und konnten die Bühne nach einem zweiten kurzen Interview wieder verlassen.

Wir wurden dann noch von unterschiedlichen Tanzgruppen angesprochen und haben noch viele Selfies und Bilder gemacht. Eine der Gruppen hat uns dafür noch die richtige Handhaltung gezeigt. Das hätten wir mal vor unserem „Auftritt“ wissen müssen! Thies hat sich außerdem von einer Frau die Aufnahmen der beiden Tänze schicken lassen, sodass wir auch ein Video von uns haben.

Gruppenfoto dem gemeinsamen Auftritt

Abends im Hotelzimmer konnte ich wirklich nicht mehr glauben, was wir an diesem Tag erlebt hatten. Die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen war wirklich unglaublich und durch unsere kurze Tanzperformance wird dieser Tag in Semarang definitiv ein Highlight bleiben.

Gut, dass wir nicht einfach im Hotel geblieben sind!